März 2010


Morgen

… die Sonne am Wochenende. (ca. 07:30 -)
Man wagt, noch warm eingepackt, einen Gang über Bundesplatz und -terrasse, wo junge Hunde spazieren geführt werden und die Bise das nächtlich Erbrochene gnädig trocknet. Auf der Brücke sieht man, trotz Netz, nur die Stellen, an welchen ein Hinunterspringen kein Problem wäre. Dann gehts hurtig dem „Naturhistorischen“ zu in die Wärme zu Barry, Bernhard und Vivienne und ihrem ausgestopften Vermächtnis. Kleinesmädchen und Kleinesbübchen kennen sich hier besser aus als ich, drücken auf Knöpfe und Tasten, bringen so Güggel zum Krähen und Krokodile zum Knurren, malen auf Bildschirme und müssen in den unzähligen finsteren Nischen ständig gesucht werden. Dann gibts Hotdog und Schoggikuchen neben dem Museumskiosk mit dem ganzen Klimbim, der in Regalen und an drehbaren Ständern angeboten wird. Erstaunlicherweise wollen die Kleinen davon nichts haben, und nach einigen Stunden des Suchens und Erforschens gehts im völlig überfüllten 14er wieder Richtung Westen.
„Das war ein schöner Sonntag“ habe ich als Kind immer ans Ende der Aufsätze zu diesem Thema geschrieben.

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Wo ni das Plakat ha gseh, hani mine Ouge nid trout. Bruun! Das darf doch nid wahr si! Lideni unger ere Art vo Sehschwächi? Blau u Gäub git Grüen, hei mer als Ching scho gwüsst. Das aber Rot u Grüen Bruun söu gä, isch mer nöi. Da hiuft o das gäube Rändli um die vier Batze ume nüt. Jedesmal vor de Wahle wärde mir mit em hässlechschte Wärbemateriau konfrontiert, wo me drmit im Autag nid emau chönnt e Muggesprey verchoufe. Aber für d’Politik schiint’s z’länge. Warum regenimi eigentlech uf?

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„Achtung:
Bitte beachten Sie, dass News ihre Aktualität mit der Zeit einbüssen können“ lese ich auf einer internen Seite „meiner“ Institution.
Das gibt mir zu denken. Sind News immer noch News, wenn sie ihre Aktualität eingebüsst haben? Muss ich diese Meldung beachten, weil es eben News geben könnte, die News bleiben, obwohl sie ihre Aktualität womöglich schon eingebüsst haben?
Einerseits zum Verrücktwerden, andererseits kann ich mich von dem schrecklichen Ereignis ablenken, welches sich gestern zugetragen hatte. Ein junger Mann brach nachts in den Block ein und stürzte sich von einem der obersten Stockwerke in die Tiefe. Er wohnte in einem Einfamilienhaus.
Wir sind alle noch ganz benommen. Ein intensiver Tag, dieser gestrige 8. März, an welchem wir Frauen extrem gefordert wurden und dabei den Internationalen Tag der Frau beinahe vergassen.

Zum beinahe vergessenen Jubiläum „175 Jahre Volksschule“ hier die Titelseite meines liebsten Lesebuchs. Endlich habe ich eine bezahlbare Ausgabe gefunden, illustriert von Ernst Kreidolf und bearbeitet u.a. von Elisabeth Müller

Was vor 175 Jahren aufgeschrieben wurde:

Jedes Kind hat Anrecht auf Bildung
Der Schulbesuch ist obligatorisch
Der Unterricht dauert das ganze Jahr
Im Sommer sind es 18, im Winter 24 Stunden pro Woche
Pro Jahr gibt es 8 Wochen Ferien

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Mit der Lohngleichheit von Frauen und Männern stehe es wieder ein bisschen besser schlechter, habe ich gelesen. (Wars denn schon einmal gut?)
Macht nichts, denn wir Frauen haben dafür eine Waschmaschine, einen Geschirrspüler, ein Dampfbügeleisen, einen Staubsauger, einen Tiefkühlschrank, einen Onlineshop, ein iPhone, eine Mikrowelle, ein Auto, Annas-Best-Salat und den Vorwaschfleckenspray. So bleibt uns viel Freizeitistgeld, in welcher wir Bücher lesen, Musik hören, fein kochen für liebe Freunde, Sport treiben, reisen, uns weiterbilden, Pferde stehlen und vieles mehr.
Doch superalles …

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In der Familien gibt es kleine Geschichten, welche durch Generationen immer wieder erzählt werden. Hier eine, an welche ich in der vergangenen Woche oft gedacht habe.
Meine Mutter war eine kämpferische Frau. Das machte sie bei vielen nicht besonders beliebt. An ihrem Grab standen diejenigen, für welche sie sich ständig „in die Nesseln gesetzt“ hatte. Als sie dem Verpächter auf die Schliche kam, dass dieser im Vertrag die Fläche des Pachtlandes nach oben „korrigiert“ und den Zins jahrelang dafür eingestrichen hatte, sagte sie „Lugihung“ zu ihm. Dummerweise war auch der Notar zugegen, welcher die Beschimpfung bezeugen musste. Meine Mutter erhielt eine Busse von 100 Franken. Das war zur damaligen Zeit ein Vermögen, und sie hätte das Geld „anderweitig“ gebraucht. „Das reut mich nicht, ich habe es diesem Lugihung gerne bezahlt“, sagte sie bis ins hohe Alter und freute sich jedes Mal köstlich in der Erinnerung an das Gesicht des Beleidigten.
Diese Geschichte und noch einige mehr haben mich geprägt. „Lugihung“ sage ich kaum noch. Meine letzte ausgeteilte „Beschimpfung“ liegt 17 Monate zurück und kam aus der Pflanzenwelt. Ich habe jemanden „junge Trübu“ genannt. Das war gar nicht gut! Meine ganze Familie wird dafür bestraft, indem wir bei einer Hausverwaltung keine Wohnung mehr bekommen und auf der „Schwarzen Liste“ stehen. Ups … Entsch …
Mit diesem Bericht schliesse ich die Kategorie „Totalsanierung“ ab.

Bern West by night 1

Den ganzen Tag braust der Wind um den Block, pfeift durch Lüftungsschächte, wirbelt über Balkone, rüttelt und zerrt an allem, was er zu fassen bekommt. Der Lärm ist ohrenbetäubend, und man denkt an die Donner-Bigeli von früher.
In den Nachrichten werden unter anderen Bilder von einem eingestürzten Block in Conceptción gezeigt. Im 16. Stock ist er abgebrochen.
Wir haben uns wirklich nicht zu beklagen. Unser 16. Stock steht noch und mit ihm das ganze Hochhaus.
Am Abend legt sich der Wind, nur ungern. Ab und zu heult er wieder auf und jagt die Wolken über den nächtlichen Himmel.