Dezember 2010


Besprühen Sie noch den Tannenbaum, stürzen Sie sich in den Ausverkauf und ärgern Sie sich beim Neujahrskarten Schreiben darüber, dass Ihre Handschrift an Persönlichkeit und Fluss verloren hat? Versuchen Sie, mit entsprechend üppigen Einkäufen noch schnell den Buchhandel zu retten, in den munzigen Lädelchen der Altstadt etwas Handgefertigtes zu erwerben, die letzten Geschenke pünktlich verspätet an FrauMannKind zu bringen, eine letzte 2010-Wäsche zu waschen, in der Wohnung aussichtslos eine schon längst fällige Aufräumearbeit anzupacken? Gerade habe ich die liegen gebliebenen Tageszeitungen durchgeblättert, und ich muss sagen, die folgende kurze Weihnachtsgeschichte gefällt mir auch noch an Silvester:

Jesus spaziert gemächlich durch den Himmel. Da fällt ihm ein Mann auf, der unruhig hin und her den Kopf wendet und sich suchend umsieht. Der Mann ist recht klein, grau, mit grauen Haaren und einem grauen Bart. Er trägt einen schweren Sack über der Schulter. „Was ist mit dir?“, fragt Jesus. Jener erschrickt ein wenig, vielleicht, weil er sich ertappt fühlt und unerwartet Beachtung findet. „Ich suche meinen Sohn“, sagt er still vor sich hinblickend. „Und was trägst du in deinem Sack?“, will Jesus wissen. Der Mann setzt den Sack auf den Boden, nestelt die Schnur auf und entnimmt dem Sack Winkelmass, Stechbeutel, Holzmeissel, und wie er auch den Hobel zutage fördert, kann Jesus nicht mehr an sich halten, öffnet seine Arme weit und jubelt: „Vater!“ Ein Leuchten geht über das Gesicht des kleinen Mannes. Auch er, aufgeregt, breitet seine Arme aus und seufzt glücklich befreit: „Pinocchio!“

„Der Bund“ Freitag, 24. Dezember 2010

Ob Joseph oder Gepetto, so oder so wünsche ich allen Leserinnen und Lesern fürs neue Jahr Gutes und Schönes!

Jerusalem

Der Scherenschnitt symbolisiert den Jahreskreis. Im Mittelpunkt ist
Jerusalem, rings herum die Zeichen für die zwölf Monate, wie im „Zodiac“.
Nur ist hier jeder Monat einem der Stämme Israels zugeordnet und trägt
dessen Sinnbild.
Der Scherenschnitt ist schon seit Hunderten von Jahren eine beliebte
Technik in der jüdischen Volkskunst. Im Holocaust beinahe erloschen,
wird er in neuester Zeit in Israel zu neuer Blüte gebracht. Die meisten
Motive sind religiös. Diesen schönen Jahreskreis hat eine Haifaerin
geschaffen, die das Schneiden bei ihrem Schwiegervater, einem
Überlebenden der Schoah, gelernt hat.

Zum Heilig Abend hat mich dieser filigrane Gruss aus Israel erreicht.
Herzlichen Dank und Grüsse, liebe Vered, aus unserem verschneiten Bethlehem
CH-3027!

Verlassen

Es schneit in nassen Flocken. An der Haltestelle warten Mäntel, Kappen und Stiefel mit ihren verschnupften Menschen. Eigentlich geht’s in der Regel beim Einsteigen auf mit den Kleidungsstücken, nur heute nicht.
Jeden Morgen lockert ein junger Mann das eintönige Jackenmantelgrau im Bus auf. Er trägt weisse Bermudas mit schwarzen Blumen, eine leichte blaue Jacke, kurze Socken und Turnschuhe. Lässig schreitet er durch Regen und Schnee, den Kopfhörer in seinem blonden Wuschelhaar, ohne die geringsten Anzeichen von Kälte. Im Lift begrüsst mich die vietnamesische Nachbarin mit einem freundlichen „Schneischnei“. Ich weiss, dass sie „viel Schnee“ damit meint. Irgendwie passt der Gruss zu einem etwas verrückten Vorweihnachtstag.

Gestern fuhr zum letzten Mal der Vierzehnerbus.

1st, female war dabei, als die Haltestellen zwischen Stöckacker und Bethlehem angehängt wurden. Und ich kann mich gut erinnern, als wir in den Siebzigerjahren endlich eine Haltestelle vor dem Block bekamen (27. Oktober 1974, 1st, female). 3rd, male hat den weiteren Ausbau in Richtung des neuen Bahnhofs Brünnen-Westside erlebt, als zwei neue Haltestellen dazugekommen sind. Seit heute haben wir nun also ein Tram – die Nummer 8. Ein bisschen Nostalgie darf sein, aber die Zukunft gehört auf die Schiene.

Letzter_Bus

Nach dem heftigen Gewitter, welches gestern Abend meinen Adlerhorst umtobte, stosse ich heute auf eine Aufzeichnung der besonderen Art.
Die Zuger, also die Chronisten aus dem Kanton Zug, dokumentierten ihre nennenswerten Blitzschläge ab dem Jahre 1280!
Da wurde der Abt Petrus von Schwanden aus Ensiedeln samt anderen Personen bei der grossen Prozession in der Kapelle Unserer Lieben Frau in Zug vom Strahl getroffen und getötet.

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… am Nikolaustag 2010:
Gemüse und Salat aus dem Seeland, Huhn aus dem Freiburgischen,
Nikolaus aus dem Nachbarblock …

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Mailaenderli2_2010 Mailaenderli_1

git’s Meiländerli-Teig.

Ganz angersch gseht er uus, dr Garte im Winter u ersch no zmitts ir Nacht.

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Anne Florence Marbot singt Puccini

Quando me’n vo‘ soletta per la via…

Nein, für den von Shawne Fielding eröffneten Aidswalk auf dem Bundesplatz hats mir nicht gereicht. Aber zum Konzert in der Tortenkirche (das Gewölbe sieht aus wie ein riesiger Geburtstagskuchen) komme ich pünktlich.

Heute Abend trifft sich Puccini mit Queen. Diese Mischung, bravourös serviert von Schülerinnen und Schülern, Eltern und Ehemaligen unter der Leitung von „angefressenen“ Musiklehrern, reisst das Publikum aus den alten Kirchenbänken. Bevor sich alle durch das Schneetreiben nach Hause aufmachen, gibts „Spys u Trank “ und dabei wird wahrlich nicht „gschmürzelet“ (gegeizt).

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