Februar 2013


Als damals unser über 90 Jahre alten Vater zum Altersnachmittage im „Bären“ eingeladen wurde, winkte er dankend ab und meinte, dass diese Veranstaltungen nur für Senioren seien.
Vor einigen Jahren habe ich meine Probenummern der Senioren Zeitung ungelesen in die Papiersammlung geworfen und sie dann nachdrücklich abbestellt.
Heute kann ich mir nicht mehr vormachen, nicht zu den Alten zu gehören. Wohl oder übel befasse ich mich wenigstens am Rande mit diesem Lebensabschnitt, in welchem die Leute, statistisch gesehen, am zufriedensten, entspanntesten sind. Wenn ich Zeit habe, lese ich auch, was über „die Alten“ geschrieben wird. Es gibt die „reichen Alten“, die Alten, welche immense Pflegekosten verursachen, die Alten, die in zu grossen Wohnungen leben, die Alten, welche jetzt noch das Glück haben, eine AHV zu erhalten, die Alten, die an Sesseln kleben, die Papst werden, in Verwaltungsräten sitzen, Vitaminpräparate „Für Senioren“ einnehmen, die „jungen Alten“, welche Marco Polos Routen und Pilger- und Wanderwege bevölkern und ganz am Rand die Alten, welche mit knapper Not jeden Tag so durch kommen. Natürlich ist bei so viel Altem die „Überalterung“ nicht zu verhindern. Bern z.B. ist überaltert. So sehe ich im Museum, in den Läden, beim Kinderarzt, vor Schulen und Kindergärten, in den Parkanlagen, dem Dählhölzli, im Schwimmbad, auf der Eisbahn und dem Markt, auf Spielplätzen, in Zug, Postauto und Schiff fast nur Alte. Nicht wenige von ihnen werden zum Glück von kleinen und kleinsten Kindern begleitet.
Ein Wort habe ich neu gelernt, es heisst „Tagesfreizeit“. Wer Tagesfreizeit habe, solle sich doch bitte melden, um dieses und jenes zu verteilen, zu organisieren, zu verfassen, verpacken, abzuholen, bringen, hiess es an der letzten Vorstandssitzung meiner Partei. Erst da wurde mir bewusst, dass hier die Alten gemeint sind.

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Bethlehembrot

Dunkles Brot mit Roggen, Weizen, Sonnenblumenkernen, Leinsamen, Dinkel

Kann sein, dass es auch ein
Breitenrainbrot,
Lorrainebrot, Kirchenfeldbrot,
Länggassbrot, Weissenbühlbrot, Engeriedbrot,
Felsenaubrot, Neufeldbrot, Muesmattbrot, Mattenhofbrot,
Monbijoubrot, Sandrainbrot, Brunnadernbrot, Murifeldbrot,
Gryphenhübelibrot, Altenbergbrot, Schosshaldebrot,
Spitalackerbrot, Breitfeldbrot, Stadtbachbrot,
Holligenbrot, Bümplizbrot, Stöckackerbrot,
Oberbottigenbrot
oder Beundenfeldbrot gibt?
Dieses hier ist jedenfalls ein Beth-Lehem-Brot – das Brot aus dem Haus (Beth) des Brotes (Lehem).

Und hier noch weitere Ortsnamen rund um Bern mit hebräischem Ursprung.

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Zaffaraya

Freies Land Zaffaraya

So wi ni das geseh, het d’Stadt Bärn im Momänt weni grossi Problem, abgseh vom Spare, was ja nüt Nöis isch. Öppis gits, wo bsungersch hie im Bärn-Weschte d’Gmüeter erhitzt, ds Bluet i ds Walle bringt, di Freinschte (Sanftesten) toube macht u wahrschinlech no ds Bundesgricht wird beschäftige. Das Problem het eigentlech e ganz harmlose Name: Alternativi Wohnforme.
Geschter hani e Vortrag ghört über die Lüt, dr Redner het se „Randschtändegi“ gnennt, wo äbe i alternativi Wohnforme wei läbe, sigs i Wäge oder Hütte, mit eigete Regle u zäme mit Gliichgsinnte. Eigentlech si settegi Wohnforme i dr Gmeind Bärn nid gschtattet, aber irgendwie duldet, u nach so lange Jahr het mes afe bis obe use, das Gschtürm mit dene „Stadttube“, „Stadtnomade“ u „Zaffarayaner“. Mi wett ändlech e Zone, wo settegi Lüt legal chöi wohne. Das isch verständlech. Lang het me gsuecht, berate u prüeft – drüü Mal dörft dr rate, wo die Zone söll igrichtet wärde. Ja, genau: im Bärn-Weschte, e chli absits, uf Landwirtschaftsland. Die betroffene Pure si stärnsverruckt über e Gmeindrat, wo ne settegi Nachbare wott ufhalse. Jungi Pure weigere sech, unger dene Umschtäng dr elterlech Hof z’übernäh. E Purefamilie het sech im Louf vor Zyt „Bed and breakfest auf dem Bauernhof“ ufbout u förchtet itz, dass Dräck, Lärme u Verchehr vo dene Chaote d’Gescht vertribe. Usserdäm sig e Bode, wo d’Hüng gäng druf schiissi, verlore für ds Bepflanze.
Der Redner, sälber Puur us dr Gägend, betont, dass die Tube u Nomade Mitmönsche sigi u me se nid chönn so eifach wäg zoubere. Mi chönn o guet mit ne rede, nume nützi das gar nüt. Si heigi ihm es alts Velogstell i si Mäidröscher inegheit. D‘ Reparatur heigi 20 Tuusig Franke gkoschtet – nume so als Bischpiel. U zletscht am Änd frage sech nid nume d’Pure, warum grad si die verschidene Nomade sölli ufnäh, schliesslech sig ja unger ihne Kene u Keni vo üsem Stadtteil. Äs sig ja typisch, dass grad die us de bessere Quartier, d’Eltere vo dene Alternative, sech weigeri, näbe ihne alternativi Wohnforme zue z’la. Mi söll nid vergässe, dass me ja scho sit mängem Jahr dr Standplatz „Buech“ für di Fahrende heig.
Im Juni 2013 gits e Abstimmig. Sötti die Umzonig für das Wohnexperimänt agno wärde, landet dä Fall, ghoue oder gschtoche, vor em Bundesgricht.

Die SP Stadt unterstützt die Umzonung und somit das „Wohnexperiment“ in Berns Westen. Klar, denn den Befürwortern sind die nomadisierenden Tauben dann aus den Augen.
Die SP in Berns Westen konnte sich offiziell noch nicht zu einem Ja durchringen. Einerseits sei hier schliesslich ein Entwicklungsschwerpunkt und das bedeute auch solche Entwicklungen.
Andererseits sei das Problem mit dieser „Zone“ nicht gelöst, da es verschiedene alternative Wohngruppen gebe, die sich auf einer Fläche von 6000 Quadratmetern in die Quere kommen könnten. Einige machen die Faust im Sack und finden auch, dass es sich der Gemeinderat einfach macht, immer alles, was andere nicht wollen, in den Westen zu verschieben.

Schritt für Schritt werde ich von Frau F. am Schalter durch die Erstellung eines neuen Passes geführt. Sie müsse den alten entwerten, lochen und hoffe, dass sich kein noch gültiges Visum darin befände. Adresse und Personalien werden geprüft. Stimmt die Grösse von 168 cm noch? Möchte ich zum Pass auch eine Identitätskarte? Gleich könne ich in die Kabine, indem ich den Vorhang in der Mitte (gekennzeichnet mit schwarzen Streifen) öffnete. Ich sähe dann einen Bildschirm mit meinen Daten, könne diese kontrollieren und dann linker Hand auf dem Kästchendisplay wie gewohnt unterschreiben.
Beim Eintritt ins Kabäuschen finde ich alles wie eingeführt säuberlich vor. Ich kontrolliere, unterschreibe und werde von aussen angewiesen, nun beide Zeigefinger auf das Kästchen mit dem grünen Licht zu halten. Scheint einfach, aber die Lämpchen am Apparätchen zwinkern abwechselnd orange und rot. Gebe ich zuviel, zuwenig Druck? Das Fingerauflegen muss ein paar Mal wiederholt werden, bis Frau F. endlich den linken Zeigefinger einscannen kann. Der rechte ist zu abgewetzt vom vielen, vielen Buchseiten umblättern, ein spurensicherungssicherer Finger also. Der rechte Mittelfinger, obwohl vom jahrelangen Schreiben ein bisschen verzworgelt, liefert dann den vorgeschriebenen Abdruck. Frau F. versichert mir, dass genau hinterlegt sei, dass es sich bei der rechten Hand um den Mittelfinger handle. So hätte ich dann sicher keine Probleme bei einer eventuellen Einreise in die USA. Mit falsch registrierten Fingern gehe da gar nichts. Nun noch das Foto ohne die Zähne zu zeigen. Ich muss auf die roten Punkte vor mir schauen und – schwipp – erscheint mein Gesicht auf dem Bildschirm vor mir: grauenhaft, richtig depressiv schaue ich aus. Wahrscheinlich von den zahlreichen vergeblichen Fingerscannversuchen – was solls. Frau F. ist zufrieden. Beinahe sind wir Freundinnen geworden. In zehn Tagen würde ich das Dokument eingeschrieben zugeschickt erhalten.
Mit einem handgeschriebenen Zettel mache ich mich auf zur Kasse, bezahle Fr. 145.- und lasse mich vom Lift (Achtung, Türe öffnet sich auf der Rückseite) hinunter ins Schneegestöber tragen.