Februar 2014


Sonntagsbrot

Schratten und Täler des restlichen Sonntagsbrots im Abendlicht

Eigentlich sollte es vergangene Nacht eine Züpfe (Butterzopf) werden. Gegen Mitternacht wog ich richtig, knetete tüchtig, liess an warmem Ort aufgehen, rollte zwei Stränge, flocht flugs, liess wieder aufgehen. Warf nach einer halben Stunde einen Blick auf mein Werk – es war inzwischen fladenartig, ein bisschen rechtslastig in die Breite gefallen. Welches Güegi hat mich nur gestochen, nach dreissig Jahren wieder so etwas backen zu wollen? Kläpfen könnte ich mich.
Zu Butterzöpfen habe ich ein gespaltenes verflochtenes Verhältnis. In meiner Jugend kamen sie äusserst selten auf den Tisch. Später zelebrierte meine Schwiegermutter jeden Samstag besonders das Aus-dem-Ofen-Nehmen dieses Teigbabys. Streng und ohne Ausnahme verhinderte sie jegliches Anschneiden am Samstag. Die Züpfe kam stets jungfräulich unter Schwiegervaters Sonntagsmesser.
In der Siebzigern, als wir im Block besonders gesund kochten, viel handarbeiteten, Beeren sammelten, bei jedem Wetter mit den Kindern durch den Wald stapften, aus Selbstgetöpferten assen, gabs den Sonntagszopf – solange, bis er irgendwann meinem Partner verleidete und er ihn das Bünzligste vom Bünzligen fand. Subito nahm ich mir vor, nie mehr je-mann-den mit Züpfen zu belästigen.
Weshalb musste es, nach so langer zum Glück leicht einzuhaltender Zopfbackabstinenz gerade jetzt sein? Letzte Nacht schmiss ich dann den Teig in zwei Cakeformen, bestrich mit Ei, verpasste ihm mit einem schaften Messer einen Mittelschnitt und übergab ihn für vierzig Minuten dem Ofen.
Das Resultat überzeugten mich nicht, obwohl ein unbestritten feiner Duft die Wohnung durchzog. Nach der kurzen Nacht telefonierte ich meinen Frühstücksgästen und bat sie, einen Zopf aus der Bäckerei mitzubringen. Sie weigerten sich, obwohl sie mit dem Fahrrad an einigen Bäckereien vorbei kamen. Was ich auch gebacken hätte, sie würden es essen, sei’s getoastet oder eingebrockt in Milchkaffee.
In der Gesellschaft solcher Gäste fand ich dann die Brote ganz fein, ohne dass gebrockt oder geröstet werden musste. Wer weiss, vielleicht entflicht sich ja endlich mein Verhältnis zu den Butterzöpfen.

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Ein Plakat habe er aufgehängt, daneben einen rosa Büstenhalter und ein Wäschesäcklein. Immer und immer habe er demonstriert, wie sich die BH-Haken in der Wäschetrommel einhängen und so die Maschine blockieren – deshalb das Wäschesäcklein. Das gehe ärgerlicherweise besonders den Frauen, die erst in der Schweiz eine Waschmaschine kennen lernten, zu einem Ohr rein und zum andern raus.

Wie bei den Wäschewagen redet der Hausmeister hier an eine Wand. Natürlich steigt er auch in seiner Freizeit in die Waschküche, falls sich wieder etwas verhakt hat.

Im Block neben den Bahngeleisen, nicht weit von dem unseren entfernt, seien übers Wochenende alle Keller ausgeräumt worden. Den weissen Lieferwagen habe niemand verdächtig gefunden. Die Bewohner hätten angenommen, dass jemand umziehe. Es sei nur ein Schloss geknackt worden, dann hätten sich die Diebe durch alle Kellergatter hindurch gesägt und alles rübisundstübis entwendet: Autopneus, Wein, Sportartikel, Möbel und eine beträchtliche Menge an Goldschmuck und teuren Uhren, welche die ganz Schlauen in einem Kinderbadewännchen oder einem Sonnenschirm sicherer und erst noch billiger versteckt glaubten, als in einem Banksafe. „Ja, Gottfriedli, hat denn niemand das Sägen gehört?“ „Nein, sie haben immer nur gesägt, wenn ein Zug durchfuhr.“

Vom Zug kann man also sagen: „Was dem einen sin Uhl, ist dem andern sin Nachtigall.“

Besonders, wenn man Besuch habe, sei es unangenehm mit den neuen Nachbarn. Am schlimmsten, wenn die Gäste an Einfamilienhäuser oder bessere Quartiere gewöhnt seinen oder gar Vorurteile Berns Westen gegenüber hätten. Da liessen die Klischees grüssen, und man komme schon ein bisschen in den Erklärungsnotstand, wenn das benachbarte Paar sich heftig anbrülle, Türen zugeworfen würden und Möbeln und Geschirr holterdipolter rumflögen. Das Schlimmste seien die Schreie und das Weinen der Frau. Am Anfang sei man ja hingegangen und habe geklopft, um das Ärgste zu verhindern. Das habe aber nichts gebracht. Der Mann habe behauptet, bei ihnen sei alles ruhig, nur s e i n e jamaikanischen Nachbarn hätten sich wieder einmal um eine Frau gestritten.

Passiert das mir, tue ich so, als ob das normal wäre, erwähne kurz, dass das Paar es schwer habe, mache einige Andeutung zu diesem „Schwer“ und die Besucher sind zufrieden, denn nun haben sie endlich einmal Häusliche Gewalt direkt gehört.

Übrigens: Zum Einwandern aus einem nicht EU-Staat brauche es nur gute Ideen. Man leihe sich im Familienclan 1000 Euro, kaufe damit einen bulgarischen Pass und schon sei man – die Schweizer sind blöd – in der Schweiz. Der Cousin von Behar wird nächste Woche erwartet.

Es nimmt mich doch immer wunder, was die kleinen Krähen so „lesen“.

Wohin damit?

Gespannt bin ich natürlich besonders auf die
vom jungen Leser markierte Seite.

Luft holen

„…und vor allem:
ich kann erst mal tief Luft holen.“

weitere Tricks

Falls es nach tiefem Luft holen, noch weitere Tricks braucht:
Wut zum Fenster raus brüllen,
dickes Kissen verprügeln,
Wut in den Boden stampfen … usw.

Muss mal alle ausprobieren, besonders nach dem Lesen von Tageszeitungen.