Juli 2014


U wüsst i, wohi dass i fahre
u was dert alls wartet uf mi,
de fragt i mi glych, isch das ds Ändi oder
geit’s wyter, no anderswo hi?
(Aus: Wohär u wohi? von Heinrich Boxler)

Wir denken an Christoph Habegger
Geboren am Freitag, 4. März 1977
Tödlich verunglückt am Montag, 22. Juli 2013

Es war ein prächtiger Sommertag.

Mirabellen

Am Baum …

Im Glas

… Im Glas

Auf dem Tisch steht ein grosser Teller mit goldgelben Mirabellen. Sicher vom Früchtehändler, der jeden Sommer seine Hütte an der Strasse zum Meer einrichtet. Nein, sagt meine Tochter und führt mich zu einem hohen Baum, voll behangen mit Mirabellen. Ein Elsternpaar schnabuliert keifend und krächzend die reifen Pflaumen an den obersten Ästen.

Vor 15 Jahren war dieser Baum ein fingerdicker Spross hinter unserem Wohnwagen. Den muss ich im Auge behalten, dachte ich damals und sah schon die feinen Früchte. Eine Baufirma wollte dann Ferienhäuser bauen und liess viele der alten Nadel- und Laubbäume fällen und die Lorbeer- und Oleanderhecken ausreissen. Für den Mirabellenspross hatte ich keine Hoffnung mehr.

Es wurde nicht gebaut. Der Platz blieb viele Jahre sich selber überlassen, sah mit den Baumstrünken und abgesägten Hecken jämmerlich aus.

Heute wachsen neben den alten wieder neue Bäume, der Oleander blüht, Büsche und Stauden säumen die Wege. Sonnenschirme stehen auf den Veranden der Wohnwagen. Es flippt und floppt, pingt und pongt, rutscht und hüpft. Und zwischen all dem Ferientreiben steht der Mirabellenbaum, immer noch fest verwurzelt im Sand der Camargue, wo es doch heisst, auf Sand bauen sei unklug.

Mirabellen

Der Pillendreher paddelt tapfer auf dem Kräuselwasser. Ich hole dich hier raus, verspreche ich. Federleicht streift ein Mauersegler das Wasser und macht meine Karmapunkte für diesen Tag zu nichte.

Fingerhut neben Zwiebeln

In der letzten Zeit verbringe ich viel Zeit im Garten, denn ich lese kaum mehr Zeitung und schaue wenig Nachrichten. Interessanterweise fragt mich niemand nach meiner Meinung zum „Nahen Osten“, obwohl viele wissen, dass ich in dieser Gegend einige Jahre verbracht habe. Darüber bin ich froh, denn ich muss mir dann auch keine Patentlösungen von Leuten anhören, die jahrausjahrein ungestört schlafen dürfen.
Nicht nur, dass der Regen den Stachel- und Johannisbeeren geschadet hat, auch der Kugelfisch, den wir Berner fürs neue Tierpark-Aquarium kaufen wollten, ist einer Überschwemmung im Keller des aargauischen Fischhändlers zum Opfer gefalllen – Pech, nun ist Geduld gefragt, denn diese Fischchen sind selten.
Solche Probleme nehmen viel Platz ein in unseren Zeitungen.
Gerade habe ich einen Fingerhut neben Borretsch und Zwiebeln gepflanzt – giftig neben essbar. Oleander in friedlicher Nachbarschaft mit Frauenmantel, Rainfarn und Salbei. Im Garten ist’s möglich.

Diese Idylle wird im Moment von einer Gruppe Nachtbuben gestört, die über den Zaun klettern, allerlei kaputt machen und ihren Müll hinterlassen. Eigentlich gibt es hier herum zahlreiche Plätze, wo sie sich aufhalten könnten, aber diese sind frei zugänglich und deshalb überhaupt nicht cool.

Im Rüegsauschachen ca. 1946

Grossmutter Elise G. mit ihrer ersten Enkelin, ca. 1946

I söll doch bitte zum Geburtstagsapéro öppis säge, hei miner Töchtere gmeint.
Wie macht me das, ohni dass es e Art vorzogni Grabred wird?
I has probiert:

Weme gsung u zwäg sibezgi cha wärde, isch das es Glück u nid sälbverständlech.

Ganz ohni Regle u Wiisheite vo de Altvordere wärs allwäg nid so guet gange. I ha es paar drvo notiert, wo ni euch nid möchte vorenthalte. Wär weiss, villicht chöit dir die einti oder angeri bruche.

Mi Grossmueter, d Rosa Schenk, het mir, woni no chlyn bi gsi, d Angscht vor wilde Tier gno, wo im Troum oder in Würklechkeit eim so chönnti begägne. „Stang eifach a Wägrand u sing es Lied,“ het si grate. Si het das nid sälber ustänkt. Es isch im „Schäflihirt“ gstange, däm Blettli, wo dr Brüederverein für d Jugend monatlech useggä het. D Grossmueter het mer es Bildli zeigt mit eme gfürchige Löi drufe. „Also, wen i däm ‚Gott ist die Liebe’ singe, macht dä mir nüt“ ha ni gwüsst.
Speter het de dr Vater albe vo mene Kolleg verzellt, wo die Singregle nid het kennt u em Löi darum i d Schnure ine greckt heig bis zum Schwanz hingere u ne de grad – ruckzuck – lätz gmacht heig. I bi nume einisch im indische Dschungu churz amene Tiger begägnet, für nes Lied häts gar nid glängt.

Mit mire angere Grossmuetter, dr Elise Glauser Pfeiffer, bin i öppe a dr Ämme uf dr Rüeggsousite ga spile. Mängisch si mir o uf dr Holzbrügg i ds Wasser abe ga luege. Wemer lang gnue uf d Ämme gluegt hei, hei mer gmeit, mir fahri.
Schiff fahre het mer gäng gfalle, sigs uf em Meer, ufeme Kanal oder uf em Thunersee.
Wi mir ja vo üsem Unggle Graf Ärnscht wüsse, sött me sech der Wunsch nach ere Thunerseefahrt müglechscht schnäll erfülle. Dr Ärnscht isch nämlech gschtorbe, bevor är no einisch uf em See isch gsi.

Das i chli verchlemmt bi u sicher ke Meischterin i dr sexuelle Ufklärig, ligt nid a mine Eltere. Wo ni öppe füfi bi gsi, hei si mer gseit, wie das geit mit de chlyne Ching. Dr Liebgott schickse vom Himu obenabe u si chömi blutt uf d Wält – „nackt und bloss“. I bi de mängisch lang am Fänschter gschtange u ha ghoffet, so nes Bebe gse abezsägle. Aber nüt ha ni gseh, u i has vo däm Libgott fiis gfunge, dass er o Bebe blutt abeschickt, wes chalt isch u rägnet.

Drum bin i froh dass dir alli guet sit glandet.

I ma mi erinnere, das i lang zwe grossi Wünsch ha gha, nämlech e Isebahn Wage voll Wule u e Isebahnwage voll Büecher. Vo beidem hani i als Ching gäng zweni gha. Es Strängli Wulle het für mi Fuessgrössi lang nume für ei Socke u ds Börtli vom zwöite glängt.

Dr „Schäflihirt“ isch jede Monet cho u i ha ne scho bevor das i i d Schuel bi cho, sälber chönne läse. Iprägt het sech mir die Gschicht vom chlyne Negerbüebli us em heisse Afrika, wo mit sire Mueter het ufe Acher müesse ga. D Muetter het vil Fuhre ghacket u äs het ds Meiss dri gleit, wie d Mueter ihm het gseit. Aber äbe, das Büebli hets de nid eso genau gno, was me de ersch speter gseh het, wo die Saat isch ufgange.
Das isch für mi e Lehr für ds Läbe worde.

I ha eigentlech zum Isebahnwage voll Büecher wölle cho.
I dr Oberschuel hani 2 Büecher i dr Wuche dörfe näh. Es het eifach i dam Bibliotheksschaft vo der Sek Riggischbärg nume wenig ha. De hani de no chönne die Büecher etlehne, wo dr Unggle vore Schuelkollegin währet em Studium het gläse u deheim im Stöckli het la lige: Schopenhauer, Veterinärmedizinisches, Förschtergschichte vom Ludwig Ganghofer u Bärgstigerromän vom Gustav Renker.

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