2015


Hueter der Tr�¤ume

(Quint Buchholz: Die Hüter der Träume)

Vergangenheit ist Geschichte.
Zukunft ist Geheimnis.
Und jeder Augenblick ist ein Geschenk!

Nina Deter (*1947), deutsche Liedermacherin

Heute, kurz nach Mittag war er voll, der Mond – nach 38 Jahren wieder an diesem Tag. Der nächste Weihnachtsvollmond sei im Jahr 2034 zu erwarten!

Einen besinnlichen Weihnachtsabend und mögen unsere Träume stets gut behütet sein!

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Stern aus Tisch

(Ein Tisch bleibt nicht immer ein Tisch. Hier wurde er ein Stern über dem Engel aus einer Agenda.)

Weihnachtsbrief meiner Schwester H.

Liebe Schwoscht
Als wir noch nicht pensioniert waren, hatten wir viel mehr Zeit. Aber heute sind die Agenden voll und hie und da sogar überbucht.
Warum die Foti mit dem Gartengrill, wirst du denken. Wie du ja weisst, bin ich ständig am Aussortieren, Umtischen und Düreluege.
Mein Ziel war es, im 2015 den grossen und den kleinen Gartentisch wegzuschaffen, wenn es nicht anders geht, sie zu zerstören, zu verbiegen, dass sie ins Auto passen und schlussendlich mit dem Kran in die Mulde krachen.
Da las ich doch von U.P. Twellmann, Holzbildhauer in Münsingen. Er verändert, bis der Prozess des Zerstörens und Erschaffens wieder eins werden.
Mit dieser Botschaft im Kopf fuhr ich mit meiner Tochter Monika in den Trubschachen in die Kreativ-Schmiede Stalder.
Meine Tochter wünschte sich nämlich auf ihrem Bauernhof einen grösseren Grill.

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Was vorher geschah:

Meine Freundin ist seit Herbst 2007 wieder in Kroatien, obwohl sie beide Kinder in der Schweiz bekommen und auch Arbeit im Pflegebereich gefunden hatte. Hier die Links zu den vorherigen Beiträgen Re-Migration und Re-Migration 2. Die Verwandtschaft meiner Freundin war schon vorher zurückgegangen und sie konnte die Kinderbetreuung und ihren Pflegeberuf als Alleinerziehende ohne Familie nicht so lösen, wie sie sich das für die Kinder vorstellte. Sie fürchtete, ihr Sohn und ihre Tochter würden typische „Schlüsselkinder“ und schwache Schüler. Ich hatte persönlich ein schlechtes Gewissen und war auch traurig, dass sie ging. Aber ich hätte die Entscheidung nur abwenden können, wenn ich meinen eigenen Beruf zu Gunsten der Kinderbetreuung reduziert hätte. Das ging damals fast nicht und niemand erwartete es von mir. Trotzdem schwingt bis heute Wehmut mit. Die Zweifel, ob es nicht anders zu machen gewesen wäre, bleiben. Wir kannten die Kinder sehr gut, ich hatte sie tagelang und nächtelang bei mir, war bei der Geburt der Tochter Mirjam (im Treppenhaus) dabei gewesen und hing besonders an ihr.

Nun sind sie also seit acht Jahren zurück in Kroatien und immer zu Weihnachten pflegen wir längere Korrespondenz, zu der ich statt Geschenke Euros für dies und das, was in den Erzählungen als Mangel aufgetaucht, sende. Es ist unglaublich, wie bescheiden meine Freundin mit den inzwischen fast erwachsenen Kindern lebt. Im Sommer hat sie zudem zwei Pflegetöchter aufgenommen. So wohnt sie heute mit vier Jugendlichen in einem Häuschen mit sechs Zimmern, zusammen mit ihrem Bruder, dessen Frau und deren autistischem Sohn. Auf meine Nachfrage, wie diese Pflegetöchtern zu ihr gelangt seien, schreibt sie:

Meine Liebe!

danke dir fur dein schnelles Brief, habe sehr freude zu wissen das es euch gut geht! Problemen wird es immer geben, aber Hauptsache schauen wir mit anderen Blick auf diese Probleme, weil Leben soll man leben. Wie mutig ist deine Schwester und ihr Mann! Ich schicke ganz liebe Grusse und gratuliere mit Herzen fur das neue Kinderlein!

Die Eltern meiner neuen Maedchen starben ganz tragisch im Sommer. Eine ist die alteste Freundin von Mirjam, sie gehen zusammen in die Klasse. Es lauft eigentlich gut, fur mich nicht immer einfach , aber du weisst es, wie das kompliziert ist mit Pflegekinder, sehr birokratisch. Meine Maedchen heissen Lenia, die ist 17 jahrig, ist wunderschon und sehr erwachsen und Vanja, die 15 jahrig ist, die ist einfach ein Teeneiger. Aber beide leiden sehr! Schlimmere Tragödie, die konnte nicht sein! Ihr Vater hat die Mutter erschossen, aus Eifersucht. Sie wussten, das die Mutter jemand hatte und sie wollte sich trennen. Beide tot. Einfach Horror !

Gesundheitlich war Vanja ganz schlecht mit Herzaritmien, nun ist das besser geworden, Gottseidank! Hoffe nur, das die beide stark werden, nur das mochte ich. Und an das Gute in sich glauben wie auch in den Menschen. Zum Gluck haben sie die Pensionkasse vom Vater, weil er wahrend dem Krieg in Armee war und Pension bekam als Invalide. Hoffe, das sie studieren, dann konnen sie die Pension dazu benutzen, es ist erlaubt, bis sie 26 sind.

So, liebe Freundin, leben wir Tag zu Tag, aber das Gute ist uber uns, obwohl die Welt ganz anders aussieht. Das wissen wir immer! So viel Gutes in diesen schweren Zeiten passiert, das habe ich auch bei dir und deiner Familie gespurt: Dankbarkeit und nur das Gute tun in Kleinem. Nur in Kleinem ist auch ganz gross. Sei gesegnet du und deine ganze Familie.

Deine Freundin aus Kroatien

Erneut seien am 4. Dezember wieder welche entwischt. Kleine, ovale, schwarze aus Plastik. So wie 2010, als Millionen von ihnen sich in den Oberländer Gewässern herumtrieben. Sie hatten sich, damals wie heute, durch den künstlichen Tropenbach in die Engstlige und weiter in die Kander treiben lassen. Im Thunersee verteilten sie sich dann zu x-Millionen zwischen Hecht, Egli und Seeforellen.
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Das neue Blogk-Mädel ist angekommen und viele liebe Wünsche, Gaben und gute Gedanken haben es schon erreicht. Herzlichen Dank dafür!

Vor gut neun Jahren hat meine Schwester die Geburtsanzeige ihrer ersten Tochter gezeichnet, vor sieben Jahren die ihres Sohnes. Und das ist nun die Dritte:

Vorderseite:

Geburtsanzeige3-Vorderseite

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Roggenbrot

Pane ossolane (Roggenbrot aus der Region Domodossola, zerklüftet wie das Bachbett am Oberlauf des Toce)

Statt nur ein paar Haltestellen mit dem Tram in die Stadt zu fahren und dort einen Märitkaffee zu trinken, schaukle ich im 07:31ger InterRegio durchs grüne Aaretal. Noch erheben sich die Alpen wie ein schwarzer Scherenschnitt vor dem morgenroten Himmel. Es wird ein sonniger Wintertag. Alpen und Voralpen sind mit Neuschnee bedeckt, in den Schattentälern liegt Rauhreif auf Äckern und Weiden. Durch Tunnel, über Viadukte und Rampen, wilden Bächen entlang gehts vom Wallis hinunter – immer wieder mit Blick auf die weissen Bergspitzen – nach Italien. Ein bisschen geschüttelt und gerührt erreicht man bereits nach 96 Minuten das Städtchen Domodossola. An der Piazza del Mercato finden meine Freundinnen und ich gleich ein taschentuchgrosses Tischchen in einer vier Taschentücher grossen Bar. Es scheint ein Treffpunkt der älteren einheimischen Frauen zu sein. Man kennt sich und wartet schwatzend und lachend vor der WC-Tür.

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Anfangs Dezember blättere ich jedes Jahr in meinen Archivschachteln (staube sie auch ab), schaue Fotos an, lese alte Briefe. Der Grund: meine beiden Töchter und Pflegegeschwister haben in diesem Monat Geburtstag.

Heute trage ich auch unser Minimädchen in den Stammbaum ein.
Vorfahre Bendicht G., * 1688 – (nicht zu verwechseln mit Bendicht S., * 1627, Urgrossonkel des Urgroßvaters des Onkels meines Vaters) – wurde noch mit Federkiel in den Kirchenrodel seiner Emmentaler Gemeinde aufgenommen. Sein Enkelsohn Friedrich, * 1764, bekam einen Eintrag mit der Stahlfeder. Meine Enkelin erhält eine elektronische Namenstafel und wird – schwupsdiwups – mit ihren zahlreichen Familienmitgliedern bis zurück (vorläufig) ins 17. Jahrhundert verbunden.

Historische Aufzeichnungen aus Registern, Verzeichnissen und Zeitungen hängen sich an. Nach und nach wachsen weitere Äste von angeheirateten Sippen aus verschiedenen Teilen der Welt hinein in unseren Baum. (Natürlich werde ich regelmässig per Mail an die aktuell anstehnden Geburtstage meiner näheren, weiteren und weitesten lebenden Verwandten erinnert).

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„Di kulturelli Spitzi het o-e Würkig uf d’Breiti u isch o-n-e Befruchtig für d’Gruppe!”

(Klaus Baumgartner, SP, gestorben am 10.12.2015)

Obwohl ein Parteigenosse von mir, habe ich ihn nie geduzt. Manchmal ging er mir gehörig auf die Nerven, u.a. mit seiner Überzeugung, Berns Westen könne mit einer Grossüberbauung das Ghetto-Image los werden. Trotzdem will ich zu seinem Todestag auf einen Blogk-Beitrag vor zehn Jahren verlinken. Einen Teil der Rede habe ich 1994 wortwörtlich notiert und muss darüber noch heute schmunzeln.

Frauen im Advent

Gerade hatte ich den Bibel erwähnt, den mein Schwiegersohn geschenkt bekam. Ich freue mich über die Adventskalender, die ich geschenkt bekam.

Und das sagten sie:

1. Dezember
Antony, Susan Brownell, 1820-1906:
„Fahrradfahren hat mehr für die Emanzipation der Frauen getan, als alles andere auf der Welt.“

2. Dezember
Madame de Staël, 1766-1817:
„Es gehört viel Kraft dazu, Gefühle zu zeigen, die ins Lächerliche gezogen werden können.“

3. Dezember
Bettina von Arnim (1785-1859):
„Die Schönheit ist Lebensnahrung der Seele.“

4. Dezember
Dietrich, Marlene (1902-1992):
„Wenn ich mein Leben noch einmal leben könnte, würde ich die gleichen Fehler machen. Aber ein bisschen früher, damit ich mehr davon habe.“

5. Dezember
Chanel, Coco (1883-1971):
„Die allermutigste Handlung ist immer noch, selbst zu denken. Laut.“

6. Dezember
Christie, Agathe (1890-1976):
„Glück misst man nicht nach Länge oder Breite, sondern nach Tiefe.“

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Um ein Engelshaar wäre der Stern von Bethlehem …

Stern 1

… in diesem Advent nicht mehr aufgegangen.

Stern 2

An der neuen Fassade könne keine Aufhängevorrichtung dafür befestigt werden, beschlossen die Architekten – natürlich sind sie Auswärtige mit Einfamilienhäusern in der Agglomeration.

Stern 3

Der Hausmeister liess nicht locker. Bethlehem ohne Stern, das durfte nicht sein. Die zuständigen Bauherren versprachen – hier würde schlussendlich passen – sich etwas zu überlegen.
Vor einigen Tagen, bei kalttrockenem Wetter richtete der Hausmeister zusammen mit Nachbarn den Stern an der neuen Metallschiene auf.

Aufrichten

(Fotos in diesem Beitrag: R. Stutz, 26./27.11.2015)

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… in dunklen Tagen!
Willkommen Kleinstesmädchen in der Blogk-Familie!

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Wir tun alles, versuchen, Vorbild zu sein, unterdrücken das H-Wort und Flüche, die mit „Gott …“ anfangen oder schwächen solche ab, was bei mir dann zu einem harmloses „Gottliebduttweiler“ wird. Aber alles nützt nichts: unsere Kleinen reden wüst, manchmal erschreckend wüst. Schlimmer ist es geworden, seit sie von 3018, wo man weniger wüst spricht, in die Schule nach 3027 gewechselt haben. Da die Schulzimmer der Unterstufe und der Mittelstufe nebeneinander sind, haben die Kleinen nicht nur auf dem Pausenplatz Gelegenheit, die neuesten Varianten von H- und F-Wörtern zu hören. Auch N-Wörter gibts mehr als genug. Es ist nicht verwunderlich, dass aus dem „Notenbuch“ dann ein „Nuttenbuch“ wird. „Coquillage“ wird klar ein „Coquillarsch“. (An Fantasie fehlt’s den Bern-West-Kids nicht).
Bei Gelegenheit spreche ich das Thema bei den Enkelkindern an. „Wenn wir zu Besuch sind, reden wir nie wüst.“
Ja, Gottliebduttweiler, weshalb ist das für mich keine Beruhigung?

Wald 1

Golden tropft …

Wald 2

Blatt …

Wald 3

um Blatt …

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Grossmutter am Montag: „Wie hat dir der Match gefallen?“
Kleiner Bub zeichnet …

Bewertung

… und Grossmutter ist wieder auf dem neuesten Stand – Berner Fussball mässig.

Spiel vom 01.011.2015 im Stade de Suisse, Bern

„Ist das nicht ein bisschen spät?“ fragte ein Passant die Kandidatin, welche am Samstag vor der Wahl ihre Flyer verteilt. „Nein, wir kämpfen bis zuletzt,“ antwortet sie.
Passant (nicht Parteimitglied): „Ich habe schon gewählt und zwar voll in Ihrem Sinne.“

Bald werden wir sehen, ob genug andere das auch getan haben.
Der SP-Wahlkampf in Zahlen:

Über 3500 SP-Mitglieder haben in den letzten Wochen an über 550 Anlässen in 100 Gemeinden und Städten im ganzen Land mit 100‘000 Wählerinnen und Wählern gesprochen!

(Mail an die Mitglieder am 18.10. 09.05 Uhr)

Nicht alle Angerufenen goutierten die Telefonaktion, obwohl sie das Herzblut darin sehen. Bei unbekannten Nummern heben sie gar nie ab.

Wer sich finanziell nicht nach der Decke strecken muss, kann natürlich einen anderen Wahlkampf betreiben wie z.B. die aktuelle Nummer des berühmtesten Kulturmagazins der Schweiz kaufen, um darin die persönliche Kunstsammlung zu präsentieren. Dann kann man auch, kurz vor der Wahl, damit eine *Ausstellung eröffnen, die prompt alle bisherigen Besucherrekorde des Museums sprengt.
Dem würde meine Mutter „mit der vollen Kelle anrichten“ sagen. Das hätte sie zeitlebens wenigstens einmal gerne getan. Ihr blieb immer nur das Herzblut.

*Das Schöne bei der Ausstellung sind nicht nur die Bilder. Es werden auch Workshops für Kinder mit Migrationshintergrund und anderen Schwächen angeboten, damit sie spüren lernen, was „Heimat“ ist.

Bleiben wir noch ein eine knappe Stunde optimistisch, bittee!

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„Je schlechter die Zeiten, desto schöner die Gärten“ habe ich in einem Film gehört.
Seit heute – nach 234 Tagen – gibt es im 16. Stock wieder eine netz- und gerüstefreie Sicht auf die gepützelten akkuraten Beete und Sitzplätze der Reihenhäuser und weiter hinten, über den Wipfel der Birke hinweg, auf meinen Garten, der geordnet unordentlich ist.

Auch die Europäer flüchten und zwar ins Private (Sonntagszeitung vom 13.09.2015, S.51-52). Bei tagtäglichen Nachrichten über Elend und Verzweilflung ziehe man sich zurück ins Elchhaus in die heimischen vier Wände, backe Törtchen in pastellfarbigen Förmchen, nähe Schürzen mit passenden Tischdecken und schauen Filme mit Happyend. Auch seien die Sozialen Medien übervoll von herzlieblichfriedlichglücklichen Abbildungen.
Bei mir kann ich ähnliche Symptome beobachten wie, neben dem täglichen im Garten Werkeln, Konfitüre und Sugo einkochen, Lavendelsäcklein als Tischdekoration binden, Kräuter trocknen, Ringelblumenblätter über den Salat streuen, Bohnen und Apfelmus einfrieren, positive Zeitungsartikel sammeln, wieder mehr Briefe und Karten schreiben und ab und zu statt eines Gutscheins ein Päckli verschicken.

Als ich im August vor 37 Jahren in Kandahar zu einigen Europäern sagte, es braue sich hier in Afghanistan ein Krieg zusammen – ich konnte so einiges beobachten, das ich aus anderen Kriegsländern kannte – wurde mir gesagt, ich hörte „das Gras wachsen“.
Heute wäre ich froh, hätte ich es nicht wachsen gehört. Ist das der Grund, dass ich sogar die unvorteilhaft abgebildeten Rezepte aus dem „Anzeiger“ sammle? Schalte ich etwa ab mit Lauchküchlein und Marronigratin? Das wäre deprimierend.
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Albert mit Marie

“ … das war leider letzte Nacht, Mademoiselle, aber ich rechne Ihnen gleich aus, wann’s den nächsten Blutmond gibt.“

Bild: Quint Buchholz

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Ahornblatt

„Kuckuck, Kuckuck ruft’s aus dem Wald, lalalalaalalalalalalla, Frühling, Frühling wird es nun bald“, singt eine Grossmutter in das Schaffell eines Kinderwagens. Sie trägt bereits Winterliches, schiebt den Wagen entlang des Beckenrandes.
Ich steige die Treppe hinunter und lege mich rücklings ins glitzernde Wasser – bei 14° niemals Brust voran! Die Frau erzählt mir, dass sie sich gestern noch in den Zugersee gewagt, aber nur sehr kurz, da ihr die Zehen abzufrieren drohten. Ich entferne mich Zug um Zug. Die Sonne scheint mir warm ins Gesicht. Eine feine Biese kräuselt das Wasser, auf welchem schon einige Herbstblätter schaukeln.

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auspacken

(Foto 2nd2nd, female: Unsere Block wird nach und nach wieder ausgepackt. 17.09.15, 07:33)

Man erwacht von einem leisen Klopfen – es Chlöpferle – welches über die Hauswand empor hüpft. Direkt hinein schlüpft es einem ins halbwache Ohr. Man schmeisst die Bettdecke an die Wand, verriegelt das Fenster, zieht die Voränge zu, taumelt ins Bad, stülpt sich die Ohrenschützer über, gerade noch rechtzeitig, bevor ein infernalischer Lärm schutzlose Menschen und Tiere zusammenfahren lässt. Der grosse Zeiger meiner Wanduhr überspringt vor Schreck 13 Minuten. Heute fressen sich wieder einmal Kernbohrer durch den Beton. Die Balkonbrüstungen werden durch ein Geländer erhöht: acht Löcher pro Balkon (300 X 8). In den unteren Stockwerken montieren die Schreiner die neuen Fenster. Das gibt ein dumpfes, hohles Bohren, weniger hämmernd, dafür anhaltend. Die Elektriker montieren die Brandmelder: ein hohes Sirren bis ins Gehirn. Über, neben und unter meinen Fenstern werden seit Wochen Aluhalterungen für die Isolierplatten angebracht. Ein scharfes Raspeln, das sich keinen Deut um Ohrenschützer kümmert.

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Auf dem Markt treffe ich Ida. Eben hat sie zwei Äpfel und einen Topf Herbstaster eingekauft. Ich grüsse nur kurz, weil ich weiss, dass die alte Frau um diese Uhrzeit immer in Eile ist, denn um halb Zwölf wird im Spittel gegessen. Heute hat sie Zeit für einen Schwatz, was mich erstaunt. „Weisst du, ich melde mich anfangs der Woche jeweils für einige Mittagessen ab. Das gibt mir einfach mehr Freiheit.“ „Dann hast du Zeit für einen Kaffee?“ frage ich. Zielstrebig schiebt Ida den Rolator durch die Gasse. Sie weiss, wo es die beste heisse Schokolade der Stadt gibt. Das sei dann ihr „Zmittag“.

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