März 2015


Umgraben

Wenn der Glockenturm im Quartier „Im Märzen der Bauer die Rösslein …“ spielt, ist es höchste Zeit, auch zu graben und zu rechen.
Nicht nur die Melodie des Glockenturms ermahnt mich, den rechtzeitigen ersten „Spatenstich“ nicht zu verpassen. Auch Walter von der Kompostgruppe ruft bei mir an, meldet, dass gerade noch ein „Anhängerli“ reifer Kompost für mich als gute Kundin bereit stehe. Die Leute rennten ihm die Walme ein, so begehrt sei dieses Gartengold. Junge aus anderen Quartieren – am Samstag sogar solche aus der Länggasse – seien gekommmen, um Kompost zu kaufen. (25 l à Fr. 2.-).
Ich verteile sorgfältig zwischen Himbeeren, Johannis- und Stachelbeeren, Tulpen, um Rosensträucher, Bäume, und zwischen die leuchtend roten Rhabarber-„Knöpfe“, die Lilien und Pfingstrosen und den noch schlafenden Sonnenhut erhalten auch eine Handvoll. Ob dieses oder jenes den Winter gut überstanden hat? Von den Hosten ist noch nichts zu sehen. Ich lege etwas Reisig über die frisch in die Restkälte gepflanzten Kefen und führe natürlich auch wieder unvermeidliche Gespräche durch den Zaun.
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Meine Pflegetochter ist wirklich unglaublich: sie lernt schnell, ist fleissig und zielstrebig, oft auch lustig, hat Humor. Sie ist eine genaue Beobachterin, eine Kennerin sämtlicher alten amerikanischen Filme, ist eine ausgezeichnete Erzählerin, aber auch eine raffinierte Schwindlerin. In der Politik und Geografie ihres Landes kennt sie sich bestens aus. Spätere Berichte von Journalisten aus dieser Kriegsregion bestätigen das. Nach etwas mehr als einem Jahr in der Klasse für Fremdsprachige kann L. in die Sekundarschule übertreten. Zwar schläft sie immer noch nicht im Dunkeln und klagt oft über Bauchschmerzen, aber L. hat schwimmen gelernt, kann nun Rad fahren, versucht sich auf dem Snowboard, geht regelmässig ins Bauchtanzen. Inzwischen spricht sie deutsch, ihre achte Sprache. Sie liest und zeichnet gerne, freut sich an ihren neuen Kleidern, ihrem eigenen Zimmer und geniesst es, am Wochenende mit meiner Tochter in den Ausgang zu gehen.
Nach und nach wird aus meiner Pflegetochter ein hübsches und fast normales Teeny, welches dauernd am Telefon hängt und einem manchmal mächtig auf die Nerven geht. Längst ist sie ein Mitglied der Familie geworden.

Oft sagen nun die Leute: „Wir hätten L. auch genommen, wenn wir nur gewusst hätten, dass sie einen Platz braucht.“ Einige meinen zu wissen, dass ich unter einem Helfersyndrom leide. (Da niemand gerne unter so etwas leidet, warten Scharen von Bedürftigen vergebens auf Hilfe).

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An diesem Wochenende widme ich mich einigen Altlasten. Gut, dass ich dazu heute nur noch Kehrichtsäcke brauche. Steuer- und Bankbelege auf vergilbtem Papier werden rübis und stübis entsorgt. Anders ist es mit den umfangreichen Unterlagen zu einem „Unternehmen“, auf welches ich mich vor 15 Jahren einliess. Ich lese alles noch einmal durch, bevor ich den grössten Teil davon auch in den Abfallsack stopfe und Dateien lösche.
Diesen Beitrag schreibe ich zum heutigen Internationalen Frauentag und als kurzen Rückblick für die jüngeren Familienmitglieder.

Als man Ende der 90er Jahre hier in der Schweiz noch nicht wusste, was mit unbegleiteten jugendlichen Flüchtlingen zu tun ist – weiss man es heute? – nahm ich ein junges Mädchen auf.

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