Juni 2015


Wenn ich so richtig über Zeitmangel jammern will sage ich: „Ich kam nicht mal dazu, den Kalenderzettel abzureissen.“
Gerade habe ich mich dieser tristen Beschäftigung hingegeben.
6, 7, 8, … 15, 16, 17, … 23, 24, 25
Max Ernst, Di Bartolomeo, Huber (Ika, einsam unter Männern), De Vries, Derain, Schiele, Fruhrunk, Perugino, Munch, Moret, Jones, Bellini, Bonnard, Russolo, Flegel, Sperl … alle ab ins Altpapier – Sorry, ihr Grossen!

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Rose

Den Schirm griffbereit im Einkaufswagen, in Jacke und Halstuch (aber mit Riemchensandalen) stehe ich vor dem Stand mit Schnittblumen. Es ist auch dieses Jahr kühl um den Sommeranfang. In einem der zahlreichen Eimer stehen aparte Buschrosen Eierschalenweiss mit Pink. Der Gärtner wickelt mir einen Zweig mit Blüten und Knospen ein.
„Diese Rose geht auf mich!“ ruft ein Mann, der sich am anderen Ende des Standes mit Marktbesuchern unterhält. „Das ist ja henne nätt, danke!“ sage ich erstaunt und erfreut, schüttle ihm die Hand und wünsche ein schönes Wochende in die Runde.
„Man kann ja auch einmal jemandem etwas schenken, den man nicht kennt“, meint der Mann lachend.
Recht hat er.

Im Tram treffe ich eine Genossin, die sich wundert, dass ich vom Markt komme. Um diese Jahreszeit sollte ich als Hobbygärtnerin doch genug eigenes Grünzeug ernten können, oder nöd?

Abends hing Mamoun meistens im „Ombra“ herum und hielt erfolgreich Ausschau nach einsamen Herzen. Seine Kindheit hatte er im südliche Atlas hinter sich gebracht, einem trocken zerklüfteten Gebiet, jedem kleinsten grünen Hälmchen feindlich gesinnt.
Nachdem die holländische Familie, welche ihn als Mädchen Bübchen für alles in ihre Genfer Villa mitgenommen hatte, ohne ihn weiter gezogen war, fand er in Bern ein paar magrebinische Landsleute, über die er bald alles wusste: wer mit wem, wann, wo warum und so. Abends im „Ombra“ wurde Mamoun umringt von hellhäutigen Bärnermeitschi, welche eifrig ihr Schulfränzösich an diesem blendend aussehenden jungen Mann ausprobierten. Solch exotische Männer waren anfangs der Sechzigerjahre in der Bundesstadt rar und all die Einwanderungverhinderungsinitiativen noch nicht angedacht.
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A dr Westwang vom Block isch es ruehig, drum hani d’Hälfti vo mim verstoubete Balkon gfägt u ghoffet, i chönni d’Wösch a dr gsiblete Sunne tröchne. I ha alles schön ufghänkt u wott us Übermuet vo so vil Rueh grad e Vierzger obtue, wo ni vo dusse es churzes Pfiffe dür Zäng ghöre. Zwe Bouarbeiter mit ere schildchrottähnleche Maschine chlättere über d’Balkonbrüschtig. „Isch das öie Ärnscht?“ frage-n-i. „Müesse schliiffe Bode, sorry. Si mer doch sächzähnte Stock, oder?“ Dr eint hilft mir, dr Wöschständer i d’Stube z’trage. Itz schliift dr anger dr Bode uf de Chnöi ab. Dr Schliifstoub wird vomene Stoubsuger, wo uf em Grüscht steit, ufgsugt. Töne tuets wie weme amene Riis würd i de Zäng bohre.
Weni dra dänke, das im Block no mindeschtens 300 Balkön müesse usgschliiffe wärde – mine wird der „Muschterbalkon“, wo me d’Farb usprobiert – mues i die Schliifer nume bewundere.