In den 90er Jahren wurde in der Stadt Bern besonders viel geküsst. Das lag daran, dass wir eine Gemeinderätin hatten, die beinahe allen – linksrechtslinks vor das Ohr – einen Kuss verpasste. Durch ihren legendären Mann kannte sie Krethi und Plethi, und gehörte man bei irgendeiner Gelegenheit zu ihrer Entourage, ging das Geküsse los. Man wurde von den fremdesten Frauen und Männern geküsst. Einige unterbrachen dabei ihren Redeschwall vor meiner Nase nur kurz. Heute muss ich natürlich schmunzeln, wenn ich an diese aufgezwungene Nähe denke. Ich habe keine Ahnung, ob solche Kusskultur im jetzigen Gemeinderat weiter gepflegt wird. So oder so machen sich Berner und Bernerinnen in Erwartung der nahenden Schweinegrippe über neue Begrüssungsrituale Gedanken. Mein Bürokollege trägt in einer extra seitlich auf die Hosenbeine genähten Tasche ein Metermass bei sich. Ein Familienmitglied ist überzeugt, dass man grussmässig das Rad nicht neu erfinden werde und z.B. mit dem ausgestreckten rechten Arm der vom BAG empfohlene Abstand … Nein!!
Das Notszenario in meinem Betrieb steht, die Hygienemasken, drei pro Tag und Person, sind bestellt. Wenn wir Informationsflut zur Schweinegrippe überleben, haben wir noch eine Chance, davonzukommen und halt wieder geküsst zu werden.