Heute liegen einige Gotthelf-Werke bei mir auf dem Schreibtisch, alte Ausgaben mit Goldschnitt und in französischer Sprache. Die „Käserei in der Vehfreude“ heisst „La fromagerie de Bêtenval“ und ist reich illustriert mit Bildern von Albert Anker. Eine kleine Zeichnung, wahrscheinlich aus den ganz frühen Jahren des Malers, erinnert mich an eine Begebenheit in meiner Jugend.
Als junges Mädchen machte ich „Landdienst“ bei einer Kleinbauernfamilie im Emmental. Die Bäuerin betrieb einen Krämerladen und mochte nicht „ausrücken“ in Stall und aufs Feld. An einem heissen Sommertag schickte mich der Bauer mit einer rolligen Sau zum Eber.

zum Eber

Er befestigte einen Strick an dem einen Hinterbein des Tieres. Mit dem „Hälslig“ in der einen und einem Haselzweig in der anderen Hand machte ich mich auf zu einem weit entlegenen Hof, auf welchem ein Eber gehalten wurde. Kam ich an Feldern mit jungen Burschen vorbei, pfiffen diese und sparten nicht mit ihren Bauernwitzchen. Ich genierte mich zünftig und hasste Tier und Jungbauern. Das Schwein zog mich an seiner Beinfessell nach hier und dort. Obwohl ich ihm ab und zu ein Stück Apfel voraus warf, liess es sich Zeit. Der Eber war ein Koloss in Dreckkruste, dem die Hitze zu schaffen machte. Trotz deftiger Anfeuerung durch den Besitzer und einigen Zugelaufenen wollte das Schwein nichts von ihm wissen. Schliesslich zog ich mit der Sau wieder ab – unverrichteter Dinge, aber in rassigem Tempo.
Über diese Begebenheit wurde in meiner Familie viel gelacht, und sie erheiterte meine Eltern bis zu ihrem Tod.