Ich hatte mir vorgenommen, meine Arbeit an gewöhnlichen Werktagen öfter in ein Café eines Gemeinschaftszentrums in unserem oder einem angrenzenden Blockquartier zu verlegen. Meine Erfahrung sagt nämlich, dass ich mehr raus gehen, Demut lernen und Verständnis haben muss, je einfältiger und schrecklicher mir die Nachbarn erscheinen.

Das macht sich in Form von Spannung bezahlt. In diesen kleinen Cafés, die von Quartierleuten in Schwung gehalten und subventioniert werden, höre ich Sorgen („nein, nein, es geht ihr noch gar nicht besser“), Schadenfreude („der Bankrott geschieht ihnen „ins Füdle ine“ recht! Hätte sie uns den alten Laden nicht genommen, wären sie jetzt besser dran!“) und Vorstellungsgespräche von angehenden Schulkommissionsmitgliedern („nein, es läuft nicht immer, wie-n-es-sötti“).

Das allerbeste Gespräch jedoch war eines zwischen zwei Mitarbeitern eines Quartierzentrums und zwei Mitarbeitern einer Lokalzeitung. Seit es die Block-Quartiere gibt, gibt es da auch eine Zeitschrift, den „WulcheChratzer“ (in Hochdeutsch: „Wolkenkratzer“, in Quartierdeutsch: „Wulchi“). Selbiger wird von hier Arbeitenden und von den Quartierbewohnerinnen und –bewohnern gemacht und von den Kindern für ein Taschengeld an die Haushalte verteilt. Es gibt sogar eine individualisierte Ausgabe in Form eines beiliegenden Infoblatts für bestimmte Blöcke. Dem gegenüber steht eine kommerzielle und rechtslastige Lokalzeitung, die inzwischen Teil einer ganzen MüllMediengruppe ist.

Den beiden Herren von der Lokalzeitung ging es darum abzutasten, ob sie eventuell den „WulcheChratzer“ in die Tasche stecken könnten. Einerseits haben sie ein Angebot gemacht: Sonderausgabe für die bisher mit dem „Wulchi“ bedienten Quartiere. Andererseits haben sie Unsicherheit gesät: Wenn ein Kind, das den „Wulchi“ in Briefkästen verteilt, einen Unfall hat, wer zahlt dann? Wer trägt die Verantwortung? Fragen über Fragen.

Ich habe mich ja auch schon geärgert über Sozialarbeiter (sorry allerseits), aber heute war ich sehr stolz und dankbar. Sie sind cool geblieben, haben dumme Witze mit dummen Witzen pariert. Zum Schluss meinten sie, dass sie sich melden würden, sollten sich dereinst keine Freiwilligen für die Wulchi-Arbeit mehr finden.

Also los, Leute!

Nicht kommerzielle Angebote fordern nicht kommerzielle Arbeit. Unsere Trägheit ist deren Macht. (Ja, ich habe in den Achzigern Transparente gesprayt, das ist besser als jedes Motivationsseminar.)

Friede den Blöcken!
Krieg den Medienpalästen!