war auch hier ein solcher Tag.
Ich überlegte, während draussen der Nieselregen nieder ging und die Kürbissuppe des Mittags das einzige Helle bleiben sollte, ernsthaft den Beruf zu wechseln. Zwar hatte ich eben wieder einige Anfragen zur Frauengeschichte beantwortet, einer Studentin Bücher zu ihrer Hedwig-Dohm-Recherche vorgelegt und der älteren Historikerin gezeigt, wie ein Online-Katalog funktioniert. Trotz dieses sinnvollen Tuns dachte ich zurück an die vielen Jahre, in welchen ich als Erzieherin gearbeitet hatte, seis in Heim, Hort, Quartier, Schule, als Mutter, Pflege- und Grossmutter.
Abends, eingequetscht zwischen den feuchten Mänteln der telefonierenden Pendler, taucht in meiner Erinnerung eine ganz besondere Kindergruppe auf.
Zu Hause angekommen, greife ich nach einem alten Album.
Da sitzen sie auf ihren kleinen Stühlchen zu Viert am Tisch „Ofer fehlt“ steht unter dem Foto. Yaron, den Daumen im Mund, spielt noch etwas verschlafen mit einem Büschelchen Haar. Er braucht seine Zeit um nach dem Mittagsschlaf richtig wach zu werden. Shachar, der Pfiffige, liebt es, die Spaghetti auf sein blondes Haupt zu legen, die vernünftige Ayeled mit ihrem Lockenkopf denkt nicht an solche Spiele, isst ihr Essen aus dem Teller. Dann, zu meiner Rechten, die zarte Gila. Sie will auf keinen Fall essen, weder Hühnchen noch Teigwaren, keine Ugioth und bitte weg mit dem Miz! Gleich wird ihre Mutter kommen und sie aus dem Kinderhaus abholen:
„Schalom, meine Süsse, hast du gut gegessen?“ „Ich habe nichts gegessen. Ich konnte gar nichts essen. Hi (1st ist gemeint) lo natnah li schum dawar!“ (Sie gab mir nichts.)

Ich blätterte noch ein bisschen weiter zu einem Bild, auf welchem eine junge lächelde Frau ein blondes Bübchen auf dem Arm trägt, den Sohn von Yaron.

Ein trister Tag fand ein heiteres Ende und ich wunderte mich, wie viele Kinder in einem Herzen Platz haben, obwohl so ein Herz im Pschyrembel gar nicht besonders gross aussieht.