Die erste Brille bekam ich mit sieben Jahren. Ich sass hinten auf dem Gepäckträger und klammerte mich an die Schürze meiner Grossmutter, welche auf ihrem Rücktrittvelo flott der Stadt Burgdorf entgegen radelte. Das düstere Optikergeschäft mit den Glaskästen voller Brillen und der Doktor im weissen Mantel kamen mir vornehm vor. Zwischen den Wandschränken hingen in Gold gerahmte Fotos einer wunderschönen brillenlosen Frau, von der meine Grossmutter mir zuflüsterte, das sei die Schwester vom Tokter Della Casa. Was ich ihr nicht glaubte.
In Kinderbrillen gabs keine Auswahl, und so bekam ich eine mit runden Gläsern in einer braun gesprenkelten Fassung aus Bakelit. Bereits nach wenigen Tagen riss ich die braune Schicht ab. Darunter kam ein Draht zum Vorschein, eng gewickelt wie eine Sprungfeder.
Auf dem Schulweg musste ich einige Kinder mit dem Schirm verprügeln, weil sie es wagten, mir „Brüllengügger“ nachzurufen.
Ein paar unvergessene Brillen später brachten mich meine Eltern zu einem berühmten Professor. Ich habe keine Ahnung, wie die einfachen Pächtersleute zu diesem Arzt fanden, welcher dann mein Schielauge für ein geringes Honorar richtete.
Prof. Dr. Hans Goldmann verdanke ich zahlreiche brillenlose junge Jahre!
Für aparte Brillen habe ich eine Schwäche und hab mich nur einmal vertan. Da gab ich mein Erspartes aus für eine Brille mit rotgrüner Seide auf pakistanischem Wasserbüffelhorn – eine grauenhafte Création.
Ab gestern trage ich Bellinger – ein bisschen verrückt und doch schlicht.