Seitdem meine vornehme Vorgesetzte, Frauenrechtlerin der ersten Stunde, eine Mitarbeiterin fristlos entlassen hat, gibt es am Nachmittag wieder Tee aus dem alten geblümten Service. In den vergangenen Monaten war Madame äusserst schlechter Laune, fühlte sich von den Linken und den Studierten bedroht und konnte keine jüngere Mitarbeiterin neben sich dulden. Aber nun ist diese weg, darf erwerbslos ausschlafen und ihren grossen Kindern richtige Menues kochen. Hier, im herrschaftlichen Haus, geht endlich alles wieder seinen gewohnten Gang. Die Hunde haben übers Wochenende, aus Langeweile, die Tischsets gefressen, deshalb wird heute auf rosa Leinen gedeckt. Die Verdauungsstörungen dieser treusten Freunde des Menschen sind ein unerschöpfliches Thema beim Tee. Ich vernehme u.a., dass der Tierarzt 10 Franken verrechnet, wenn er ein Pulver gegen Durchfall versenden muss. Aber was tut frau nicht alles für die vierbeinigen Lieblinge, die jeden Tag ein frisches Landei mit extra Hackfleisch schlabbern. Ich trinke meine Tasse aus und tape damit zwischen Hundeschwänzen und -beinen in die Küche, von dort an meinen Schreibtisch.
(Nein, wir sind kein Tierheim, sondern eine Bibliothek für Frauengeschichte!)