Ehrlich gesagt glaubte ich, diese Art von Journalistinnen und Journalisten stürben langsam aus. Aber nein, es rücken junge nach, welche die Klischees übernehmen – sehr schade, fantasielos, beleidigend und das Wichtigste: nicht den Tatsachen entsprechend!
Wie oft schon habe ich mir vorgenommen, mich nicht mehr zu enervieren, wenn wieder einmal ein Zeitungsartikel erscheint, in welchem unser Quartier als Betonwüste oder gar als Unort beschrieben wird.
In der Regel erscheinen solche Berichte im Advent, denn was bietet sich besser an, als kurz durch CH-3027 Bethlehem zu schlendern, am besten abends zwischen fünf und sechs Uhr an einem kalten Strubussitag mitten in der Woche? Am nächsten Morgen kann man dann lesen, wie menschenleer, trist und grau dieses Ghetto halt sei, nur ab und zu um eine dunkle Ecke streichend ein Vermummter und das MigrosoderCoop-Restaurant voller alter Leute bei billigem Kaffee.
Dieses Jahr gab’s schon im Juni etwas zu berichten.

Eigentlich etwas Erfreuliches: Die Reihenhäuser der Siedlungsgenossenschaft Bethlehemacker zu „Füssen“ meines Blocks werden 75 Jahre alt.

Oase

Die Journalistin beschreibt die Siedlung aus den 1940er Jahren als „Oase in der Betonwüste“ (Berner Zeitung, 18.06.2018). Die Betonwüste, das sind die Hochhäuser und Wohnblöcke aus den 1960er und 1970er Jahren, heute alle energiesparend saniert, schon immer mit weiten Grünflächen, Brunnen, Spielplätzen (mit Wasserläufen), Rosen- und Kräuterrabatten, Bäumen, hindernissfreien Gehwegen, Tischen und Bänken …

Diesen Samstag zum Beispiel waren 130 Mädchen und Buben wieder am Ball beim jährlichen Grümpelturner

Gruempel18

… und belebten die Betonwüste auf das Erfreulichste! Ganz klar haben auch Oasenkinder mitgekickt.

Danke den Frauen und Männern, die neben ihren anspruchsvollen Berufen 1000 Notwenigkeiten organisierten, damit alles so gut und friedlich ablaufen konnte. (Beeindruckend war früh am Morgen der Lastwagen, welcher präzise durch den engen Hagröseliweg kurvte, um die grossen Tore vom Fussballplatz Bodenweid bei uns im Quartier abzuliefern. Am Abend wurden die ausgeliehenen „Goals“ wieder abgeholt. Merci der Transportfirma Peyer!

Ich habe am Anfang „beleidigen“ geschrieben. Im Grunde genommen sollten alle HochhausverächterInnen froh sein, dass wir so Platz und Energie sparend wohnen und der Zersiedlung entgegenwirken. Dazu nehmen wir der Allgemeinheit auch noch unglaublich viel Integrationsarbeit ab (Ausländeranteil ca. 48 %). Bereits engagiert sich die 2. Generation dafür, dass es mit dem Zusammenleben im Quartier klappt, ja, sogar „fägt“.

Ich denke an das Architektenpaar & Co., welches sowohl mit Oase als auch mit Betonwüste ein Werk geschaffen hat, das weit über die Schweizer Grenzen hinaus Beachtung fand.

Fotos: 1st, female und 2nd, female