Restfamilienfoto

Mit meinen Töchtern, 1983 (Foto: R. Fuhrer)

Nein, ich bin nicht am Traumfängerbasteln, ziehe mir keine Schminktipps rein oder lasse mich mit süssen Leckereien und Cüpli verwöhnen.
Sitze ich auf einer Riesenente oder gibt es diese „Nacht der Frauen“ in der Grossbuchhandlung tatsächlich?
Ich will es nicht glauben und werde gleich morgen in die Stadt fahren zum Nachfragen.


In meiner heutigen Tageszeitung sind 30 Männer und 8 Frauen abgebildet (TV-Programm und die Frau auf der Gesundheitsmatratze ausgenommen). Nach meinen Notizen sind das 2% weniger Frauen, als im Jahr 2012. In den Geschäftsetagen der europäischen Finanzindustrie wackeln wir Schweizerinnen – immerhin gut geschminkt und den Traumfänger im Rollkoffer – als Schlusslicht Polen hinterher, steht heute in der Zeitung.
Dabei haben sich die Schweizer Frauen schon so früh ins Zeug gelegt gegen kurzsichtige Politiker und Rechtlosigkeit in allen Bereichen. Ich lese ein Protokoll von der 1. Frauenveranstaltung am 19. März um 20 Uhr 1911 in Baden, Kt. Aargau. Gen. [Genossin] Frau Weichelt notiert, dass im Hotel „Falken“ 120 Personen, davon die Hälfte Frauen anwesend sind. Der „Sängerbund Freiheit“ Baden trägt das weihevolle Lied „O wag es doch nur einen Tag“ vor. Anschliessend hält Frau Dr. med. B. Farbstein aus Zürich einen temperamentvollen Vortrag zur Verbesserung der Lage der Frau und der Gleichberechtigung mit dem Manne. Sie ruft die Proletarierinnen auf, zusammenzustehen und dem Rad der Zeit nicht in die Speichen zu fallen.
Zum Schluss des 1. Frauentages verliest der Tagespräsident einen Aufruf zur Unterstützung der politischen Flüchtlinge. Die freiwillige Sammlung ergibt Fr. 7.05.
Um halb 11 Uhr war unser schöner Tag zu Ende.
(Quelle: Rote Fahnen – Lila Tücher – Zur Geschichte des Internationalen Frauentages in der Schweiz von Katrin Holenstein und Elisabeth Ryter, 1993)