Heute wurde ich wieder mal auf meine Luftröhrenschnittnarbe angesprochen. Als ich noch mit meinen Gipsbeinen rumhumpelte und noch keine Zahnprothese hatte, wurde mir hie und da die Frage gestellt, was denn passiert sei. Je nach Situation hatte ich mir meine Standartsätze zusammengebastelt. Heute überlegte ich nicht viel und sagte, dass Johannes Paul mit diesem Luftröhrenschnitt-Trend angefangen habe. Da sei es für mich als seine treue Anhängerin schon ein Muss gewesen…

Der wahre Grund für den Luftröhreschnitt waren schwerste Verletzungen nach einem Suizidversuch:

Da ich durch meine Kieferverletzungen sehr geschwollen war (wow, als mir eine Pflegerin zum ersten Mal einen Handspiegel hinhielt, glaubte ich wirklich, einer fremden Person ins Gesicht zu schauen), machten sie mir diesen Schnitt, um mir eine Kanüle einzusetzen und mich auf diese Weise künstlich zu beatmen. Als ich aus dem Koma erwachte, hatte ich das Gefühl, nicht genügend Luft zu bekommen. Ich bekam solche Panik. Die Kanüle musste immer wieder ausgewechselt werden. Um den Schleim in meiner Luftröhre zu entfernen, mussten die Pflegenden mir ein langes Schäuchlein in meinen Schnitt reinstecken und dann begann ich wie verrückt zu husten. Dies musste ziemlich schrecklich anzusehen und anzuhören sein. Aber das war für mich sehr wohltuend. Danach konnte ich wieder für einige Zeit ruhig atmen. Durch den Luftröhrenschnitt konnte ich weder sprechen noch riechen. Das Pflegepersonal brauchte am Anfang ganz schön viel Geduld mit mir, bis sie aus meinen Gesten schlau wurden. Und vor allem blieb ich sehr hartnäckig und liess nicht locker, bis ich verstanden wurde.

Da ich das rechte Handgelenk gebrochen hatte, kritzelte ich mit meiner linken Hand Buchstaben auf einen Block. Erst nach einiger Zeit merkte ich, dass ich nichts sehe, da ich keine Brille hatte und darum meine Striche keinen Sinn ergaben. Als ich ihnen dann zu verstehen gab, ob sie meine Brille organisieren können, wurde alles ein wenig einfacher. Mein erstes geschriebenes Wort war übrigens „BREAK“. Keine Ahnung, warum ich nicht „PAUSE“ geschrieben habe. Da sie mich dauernd durchbewegen, waschen, Verbände wechseln mussten, sehnte ich mich nach nichts mehr als nach einer Verschnaufpause. Die Ärzte waren total begeistert, dass ich mich auf diese Weise verständigen konnte und gönnten mir meine Pause von Herzen.

[Aus der E-Korrspondenz mit einer erwachsenen Schülerin, von ihr genehmigt.]