Seit seinem Hirnschlag vor sechzehn Jahren ist mein Pflegebruder gelähmt. Viele Leute meinten damals, es wäre besser, wenn er sterben dürfte. Seine Frau nahm ihn nach Hause auf den abgelegenen Bauernhof im Jura, liess eine Rampe ins Haus zimmern, stellte ihn bei schönem Wetter im Rollstuhl unter einen Baum, damit er die Arbeiten auf dem Hof mitbekam. Die Familie lernte die Laute des Vaters verstehen und er sah die Kinder aufwachsen.
Nur mit dem Daumen seiner linken Hand gelingt ihm eine leichte Bewegung. Will er etwas schreiben, wählt er aus dem vorbeiziehenden Alphabeth auf dem Bildschirm des Computers den passenden Buchstaben aus, indem er damit ein Metallplättchen an seinem linken Zeigefinger berührt.
Letzte Woche hat er seinem Pflegevater folgenden Brief geschrieben:

Lieber Vater

bevor es ganz Frühling wird, möchte ich dich doch mal fragen, wie es dir geht.
Ich habe vernommen, du seist in der Zwischenzeit im Spital gewesen. Aber es ginge dir jetzt wieder viel besser. Das ist doch normal, wenn der Frühling kommt, dann erwachen die alten Menschen und sie fangen an zu hüpfen wie Kälber, die zum ersten mal nach draussen gehen.
Bei uns da oben hat es schon Schneeglöckchen und das ist hier sehr früh. Ob sie sich am Datum verschaut haben, ich weiss es nicht.
Schnee haben wir nicht viel, aber für mich ist es super, denn mit dem Rollstuhl im Schnee, das geht nicht gut.
Nadine und ich sind nun mit Isabelle allein zuhause. Beatrice ist fertig mit der Lehre als Krankenschwester. Sie arbeitet in Neuenburg und ist damit ausgezogen nach Neuenburg.
Nun wünsche ich dir noch einen milden Winter und gute Gesundheit

Heinz und Familie