Unser Blogger-Besuch von neulich hatte Messedienst in Schanghai und schreibt:

Ich war dort als General Manager der deutschen Niederlassung von einem Shanghaier Stickmaschinen und -ersatzteilhersteller.

Meine Anwesenheit hatte überwiegend mit dem chinesischen Minderwertigkeitskomplex dem Westen gegenüber zu tun (siehe auch Minderwertigkeitskomplex, muslimischer). Ich muss meinem Geschäftspartner jeden Tag versichern, dass Shanghai ganz toll ist und dass „The Bund“ praechtiger ist als die Königsallee usw.

Vor diesem Hintergrund ist es natürlich grandios für ein chinesisches Unternehmen, eine rindsmilchtrinkende Grossnase am Messestand zu haben. Deshalb durfte ich den Messestand nur in Richtung Klo verlassen, was eine sehr dumme Entscheidung war, denn auf den anderen Ständen hätte ich ja was über die Konkurrenz erfahren können und ich muss ja etwas über die Konkurrenz wissen, wenn ich chinesische Stickmaschinen in die Türkei verkaufen soll, oder?

Ausserdem hat meine Anwesenheit am Stand die Kunden abgeschreckt: die einheimischen Kunden, weil Chinesen panische Angst vor Westlern haben (vor allem die vom Land, und von denen gab es auf der Messe eine ganze Menge; für die wären an unserem Stand die Ersatzteile interessant gewesen). Und die anderen Kunden (vor allem aus Sri Lanka, Indien und Pakistan), weil die Anwesenheit eines Weissen normalerweise „Joint Venture“ bedeutet = höhere Kosten.

Ich habe meine Abschreckungs-Theorie Kunden aus Südafrika geschildert und einer thailändischen Vertriebsleiterin – und die haben jeweils heftig genickt. Aber mein Geschaeftspartner ist beratungsresistent. Mir solls recht sein.

Am ersten Abend war ich an einem chinesischen Dinner eingeladen, inklusive chinesischer Show (Merengue, Bauchtanz, Peking-Oper, Verlosung, Schüler-Band, das Ganze moderiert von einem gemischten Doppel, wie eigentlich immer in China, denn der Mao-Spruch, dass die Frauen die Hälfte des Himmels tragen, gilt immer noch.). Der chinesische Bauchtanz war zum Totlachen – genau das Gegenteil von dem Bauchtanz, den sich meine Mutter zum Geburtstag gewünscht (und leider auch bekommen) hatte. Die sauerländischen Bauchtänzerinnen hatten zwar Bauch, aber keine Anmut; sie haben sich bewegt wie Roboter. Die chinesischen Bauchtaenzerinnen waren natürlich wunderschön, haben sich geschmeidig bewegt – hatten aber keinen Bauch. Wie gesagt, sehr amüsant.

Das Dinner fand in einem riesigen Restaurant mit 1.500 Sitzplaetzen statt. Ich war der einzige Weisse. So fühle ich mich in China am wohlsten.

Einer der berühmtesten deutschen China-Kenner lebt seit 1994 in Peking. Ich wette, dass der noch nie allein mit des Englischen nicht mächtigen Chinesen gewesen ist, sonst würde er nicht immer wieder so einen Stuss von sich geben wie z.B. „Der Chinese ist listig“. Hab ich mit eigenen Ohren gehört, wie er das gesagt hat. Und das war kein Gerhard-Poldt-Zitat, sondern sein Ernst.

So lange ich die Frage, was mir dieses Engagement in Sachen Stickmaschinen an Lebenserfahrung bringt, positiv beantworten kann, mache ich das weiter.

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Ich habe gerade ueberhaupt keine Lust zu bloggen. Ich kann übrigens alle Blogs prima erreichen, auch Mad Minerva (und die wäre hier garantiert gesperrt, wenn die chinesische Regierung was von ihr wüsste). Nur das Schachblog von Susan Polgar ist geblockt, keine Ahnung warum.

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Habe ich mich eigentlich schon darüber erstaunt gezeigt, dass hier die Wikipedia komplett gesperrt ist – und Youtube nicht?