Im vergangenen Mai standen eines Tages zwei Geranien (in Orlando-Rot) vor meinem Bürofenster im ersten Stock. Der Wirt vom Erdgeschoss teilte mir mit, das sei seine eiserne Reserve. Falls „die Chaoten“ mal durch die Lauben zögen und seine Pflanzen auf der Terrasse zerstörten, hätte er dann doch noch geranienmässig passenden Nachschub. Natürlich würde er die beiden auf der Ersatzbank regelmässig giessen, wenn ich nur den sicheren Platz …
Als Hasserin von privatem Grünzeug in Büros hätte ich nein sagen sollen.
Zuerst klappte es mit dem Giessen. Aber als ich nach den Sommerferien wieder zur Arbeit kam, waren die Geranien ledrig braun, staken trocken in ihren verzinkten Blechtöpfen und wurden, als ich sie auf ein Lebenszeichen untersuchte, gerade von einem jungen Chinesen fotografiert. Die altehrwürdige Sandsteinfassade, das vergoldete Fenstergeländer aus Schmiedeeisen und ich kamen auch drauf.
Die Chaoten blieben aus. Sogar diejenigen vom 6. Oktober liessen die Blumenkisten in Ruhe. Die einst siechende eiserne Reserve wird schon längst von mir regelmässig gegossen und von dürren Blättern und Blüten befreit.
Die Trockenzeit sieht man ihnen nicht mehr an und bei weiterer Zuwendung meinerseits werden die Geranien sowohl den Zibelemärit als auch die Weihnachtbeleuchtung in voller Frische erleben.