Totalsanierung


Frau F. ist in den letzten Monaten sehr gealtert. Trotz ihrer Schmerzen macht sie noch jeden Tag mit kleinen vorsichtigen Schrittchen ein Spaziergängli am Rollator. Falls die Krankenkasse endlich einlenkt, will sie nach Nottu, wo man ihr die alten unnütz gewordenen Medikamente entzieht und sie auf neue einstellt. Erst nachher kann sie sich Sorgen machen, was mit ihr geschieht, wenn man die Wohnung „aushöhlt“. Sie ist ganz verzweifelt darüber, dass so viele Alteingesessene dem Quartier den Rücken kehren. Sie fühlt sich allein gelassen. Seit gestern sei der Schuss draussen, dass die Caritas die leer gewordenen Wohnungen zum vollen Preis miete und während der Totalsanierung darin Asylbewerber unterbringe. Denen mache Lärm, Schmutz, fehlende Heizung und Strom nichts aus. Sie, Frau F. frage sich nur, wie man dann die Leute wieder aus den Wohnungen hinaus bringe. Einfach so auf den Parkplatz stellen könne man die „Asylanten“ ja wohl nicht.
Herr M. gesellt sich zu uns. Er seinerseits frage sich, was passieren könne, falls es mit den Banken so weiter gehe und viele, die ihr Geld hier anlegten, dieses abheben? Er habe vorsichtshalber seines schon weggenommen. Man könne nie wissen in diesen unsicheren Zeiten, plötzlich sei „die Hütte ausgehöhlt“ und kein Geld mehr da für Parkett und Glaskeramik.
In diesem Fall hätte man dann wenigstens die Asylbewerber.

In der Kündigungs-Bestätigung der Verwaltung mit dem freundlichen Namen steht:

„Der Termin für die Wohnungsabgabe ist mit uns rechtzeitig zu vereinbaren. Auf diesen Zeitpunkt hin sind sämtliche Mietobjekte gemäss den Bedingungen des Mietvertrages instand zu stellen. Wir werden uns vorgängig bei Ihnen melden um abzuklären, ob nach Ihrem Auszug allfällige Renovationen gemacht werden müssen.“

In wenigen Monaten werden die Wohnungen rausgerissen, vorher müssen sie instand gestellt und renoviert werden. Alles muss blitzblank sein, wenn die Betonbeisser, Fugenschneider, Steinzangen und Abbauhämmer auffahren. Die Badewannen, Lavabos und die Wasserhahnen werden nur poliert in die Mulde gekippt. Auch die WC-Spülkästen sind, laut Beiblatt, zu entkalken. Der Mieter haftet u.a. für fleckenlosen Kochherd und aussen wie innen geputzte Doppelglasscheiben.

Dass der abgängige Mieter bei dem „mit ihnen“ rechtzeitig vereinbarten Termin sauber gekämmt sein wird, versteht sich von selbst.

und Besucher

Schön, Sie alle hier zu haben. Wohl aufgrund dieses Artikels im heutigen Bund, der blogk als „Plattform für Gäbelbachbewohner“ zitiert.

Das ist jedoch einfach ein Weblog einer Familie, die im Gäbelbach aber auch in anderen Blöcken von Bern-Bethlehem wohnt. Es geht hier ganz allgemein um Freuden und Leiden im Alltag und ab und zu um eine Prise Gesellschaftskritik. Die Beiträge, die sich mit der Sanierung des entsprechenden Gäbelbachblocks befassen, finden sich in der Rubrik „Totalsanierung“.

Wenn wir gerade beim Thema sind: Schön für die Verwaltung, dass die Nebenkosten im Artikel nicht vorkamen. „Inklusive“ sehen die heutigen Mietzinse nämlich anders aus. Wir haben uns damit abgefunden, weil mehr Heizung bei zunehmendem Durchzug eine gewisse Logik hat. Dass die Nebenkosten gemäss Dokumentation der Verwaltung nach der Sanierung gleich bleiben, erstaunt keinen mehr.

Ich gebe es zu: In diesem Blog wird der Eindruck vermittelt, dass im neuen Stadtteil nicht alles was glänze Gold sei. Gerne lasse ich hier auch einen der zahlreichen Festredner sprechen, welcher mit seinen ergreifenden Worten ein bisschen Sonnenschein in einen strömenden Regentag zauberte.

Herr Thomas Balmer, Präsident Baugenossenschaft Brünnen-Eichholz hat das Wort:

„Brünnen, das ist mehr als eine Überbauung – Brünnen ist ein Gefühl, eine Vision, die sich heute umsetzt. (…) Eine Siedlung braucht eine Seele, damit es den Menschen nicht als Schlafstätte sondern als Lebensraum, als Daheim, dient. Diese Seele soll sich entwickeln, damit Brünnen lebt. Wir hoffen, dass unsere Bemühungen, unser sorgfältiges Planen und unser Streben, Brünnen zu etwas Besonderem zu machen, diesen Funken zünden lässt und sich eine Überbauung entwickelt, deren Bewohner mit Stolz sagen: „Ich bin ein Berliner“ „Ich wohne in Brünnen!“

(Aus: Wulchechratzer, Jg. 46, Nr. 9, 18 Sept. 2008)

Aha-Erlebnis meinerseits:
Nun weiss ich endlich, weshalb die Schlaf-Zimmer in den neuen Häusern so eng sind. „Es“ soll nicht als Schlafstätte dienen und ich hoffe für alle Seelen, dass sie sich nur dem Platz entsprechend entwickeln. Sollten eine Seele oder ein Funke aber zu gross werden, geben wir ihm, solange ich noch hier bin, in meinem etwas herunter gekommenen Quartier gerne Asyl.

In strömendem Regen wird das neue Wohnquartier in Berns Westen eingeweiht. Wer schon vom ersten Spatenstich an zur Prominenz gehört, ist im Besitz eines grossen schwarzen Schirms mit dem Aufdruck „West side“ und hat deshalb nur mit dem ungeeigneten Schuhwerk zu kämpfen. Gekommen sind Interessierte aus der ganzen Stadt und der Agglomeration, um das neue Angebot an Miet- und Eigentumswohnungen zu besichtigen.

Neuer Wohnraum

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Ehrlich gesagt sind wir ein bisschen muff, denn niemand, niemand berichtet über uns. Dabei sind wir ebenso nigelnagelneu wie das Libe Kind „Westside“ und das „Bernaqua„, über welche nun in jedem Käseblättchen geschrieben wird. Zugegeben, auf den ersten Blick sind wir Treppen einander ähnlich. Es lohnt sich aber, einen zweiten zu wagen und man wird sehen: jede von uns ist anders, seis in der Höhe und Anordnung der Stufen, der Lage, der Beleuchtung, der Zusammensetzung des Betons oder des begleitenden/fehlenden Handlaufs. (Handläufe, hier „Stägegländer“ genannt, verschandeln die junge dynamische Architektur und verleiten die Jugend zu üblen Spielchen auf Skateboards/Inline Skates). Unser gemeinsames Ziel ist es, die Quartierbewohner hinauf zu führen auf die Ebene des Konsums, d.h. zum Coop-Laden und dann ein paar Meter weiter zum grössten Konsumtempel der Schweiz. Im Moment beklagen sich die Leute noch über uns, stöhnen, stolpern, schnaufen übel, besonders, wenn sie einen Rollstuhl oder Kinderwagen über die Rampe hinauf schieben müssen. In einigen Monaten, wenn die Fitness steigt, Gewicht, Blutdruck und Cholesterin runter gehen, wirds auf unseren Stufen einen Ansturm geben. In den nächsten Tagen werden wir auf individuellen Tafeln unsere ganz persönliche Schwierigkeitsskala „Freiklettern“ präsentieren.
Wir sind stolz darauf, ein echtes Prix-Garantie-Fitnessprogramm anbieten zu können und hoffen, dass die Lifte weiterhin mangelhaft funktionieren.
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Am kommenden Samstag wird das neue Quartier in Bern-West eingeweiht und dazu auch der neue Coop-Laden am neuen Ansermet-Platz, schräg gegenüber dem neuen Le-Corbusier-Platz, vis-à-vis dem neuen „brünnen leben“-Quartier. Neben Ansprachen gibt es u.a. einen „Grossen Brünnen Wettbewerb“, bei welchem ich besonders den 2. Preis interessant finde: ein hochwertiges Zelt für vier Personen.

Anlieferung in Eile

Heute hat man im neuen Laden die neuen Tablare der neuen Gestelle aufgefüllt. Milch floss dabei in Strömen, und den Honig haben sie uns auch versprochen.

Obwohl sich der Verdacht erhärtet, dass die im vorherigen Beitrag erwähnte Verwaltung eine Studie in Auftrag gegeben hat, welche zum Schluss kommen musste, dass ein Marktsegment für Blockwohnungen nach Wohlstandsideen besteht, werden wir neben himmelschreiendem Unrecht auch einige geldverschlingende Fehler dokumentieren können, bevor wir alle umziehen. Deswegen die neue Kategorie.

Obwohl die Tür des Grossen Saales erst um 19 Uhr göffnet werden soll, warten davor schon zahlreiche Mieterinnen und Mieter. Eine alte Frau ist auf dem Vorplatz gestolpert und wird nun von ihren Nachbarn aus der Pfütze wieder auf die Beine gestellt. Es regnet in Strömen, ab und zu rollt der Donner über die Dächer. Alle sind gekommen, um sich über die bevorstehende Totalsanierung unseres Blocks informieren zu lassen. Aufgereiht auf der Bühne sitzen bereits die Fachmänner (Fachfrauen sind nicht vorhanden) für Haustechnik, Betonsanierung, Architektur, Verwaltung, dazu ein junger „Trübel“ mit schmalen Schultern, welcher für sämtliche „Mieterangelegenheiten“ während der zweijährigen Bauphase zuständig sein wird.
Der Redner macht dem eifrigen Getuschel des Publikums ein Ende, indem er den dröhnenden Lärm einer Kernbohrung auf Band abspielt. Zügig und solange das angebohrte Publikum noch Ruhe behält, wird nun powerpointunterstützt „ehrlich und offen“ informiert: Küche elektrisch mit Glaskeramikherd und Geschirrspüler (Klatsch, klatsch von den Hausfrauen). Dann folgt ein (ehrliches) Bild von einer herausgerissenen Küche. Dieser Zustand wird mindestens 5 Wochen andauern: deshalb Verpflegung bei Freunden organisieren, evtl. Abgabe von Kochplatten durch den Hauswart. Anschliessend Bad/Dusche geplättelt (Klatsch, klatsch von den Hausfrauen): Duschen und Bislen im abschliessbaren Kontainer vor dem Block. Herr Meise aus dem Publikum hebt seine Krücke und ruft, dass er pro Nacht mindestens dreimal müsse. Der Redner bittet um Ruhe und rät, die Ferien so zu planen, dass das Bislen in den Griff zu bekommen sei. Eine Attikabewohnerin in den hinteren Reihen verlangt eine Terrassensanierung – Teeren statt Verbundstein, damit kein Unkraut durchstösst.
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Ohne Wort

In der Zeitung lesen wir regelmässig darüber, welche Promis gerade durch „Westside“ geführt werden. In unserem Quartier lassen sich diese nicht blicken. Hier gibts auch nichts Sehenswertes zu sehen, weit und breit keine Stararchitekten. Da wird handfest, multikulturell und für die Ewigkeit zugepflastert was das das Zeug hält
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Monatelange Geüchte, dass der ganze Block für eine Totalsanierung geräumt werden müsse, treiben viele Mieterinnen und Mieter beinahe zur Verzweiflung. Nächtelang überlegen sie sich, wohin sie denn umziehen könnten. Die Älteren denken an einen frühen Eintritt ins Seniorenheim. Schon vor Sonnenaufgang sieht man sie auf dem Gang zum Textilkontainer. Sie graben ihre Rosenstöcke und Hortensien aus und verschenken sie an Leute, die einen Garten besitzen. Nur die allernötigsten Neuanschaffungen werden getätigt. In der Freizeit und den Ferien werden Wohnungen besichtigt. Gefallen tut nichts wirklich, denn der Block, aus dem man sehr wahrscheinlich „vertrieben“ wird, ist einem ja der liebste.
Es wird schlimm, das ist seit einigen Tagen sicher. Der Block, eines der grössten Gebäude der Stadt, muss saniert werden – total: Gebäudehülle nach energetischen Aspekten, neue Bodenbeläge, Küchen, Bäder, Duschen, Heizungen, Fenster, Leitungen, neue Raumaufteilung. Das bedeutet, es werden Wände eingerissen und Kleider- und Besenkammern aufgehoben. Aber gekündigt wird niemandem, nur Verständnis und Rücksichtsnahme von allen Beteiligten gefordert. Ein Team wird die Mieterinnen und Mieter betreuen und sich deren Anliegen besonders annehmen. Bis jetzt hatten wir eine Liegenschaftsverwalterin. Da man aber vor einer zweijährigen Umbauphase steht, wurde sie durch einen Mann ersetzt. Schliesslich kommt eine noch nie dagewesene Herausforderung auf uns alle zu, und da wäre eine Frau wahrscheinlich überfordert, meint der Bodenleger und zwinkert mir dabei zu. Die meisten Blockbewohner sind bereit, diese zwei harten Jahre auf sich zu nehmen. Sorgen bereiten ihnen aber die angekündigte Mieterhöhung nach „marktgerechten Niveau“. Vermag man dann die sanierte Wohnung noch zu bezahlen oder wäre man doch besser vor all dem Lärm und Schmutz umgezogen?
Einen neuen Namen für „blogk“ zu finden wäre noch das Einfachste.

Akropolis Bern West

Als ich diese Säulen heute früh so wunderstolz im Morgenlicht empor ragen sah, dachte ich: hurra, nun wohne ich bald in einer A-Stadt, denn hier entsteht die Akro-Polis Bern-West!
Meine Begeisterung liess aber nach, als ich in der Zeitung las, dass Wirtschaftswissenschaftler „A-Städte“, auch Berns Westen, als solche bezeichnen, wenn darin hauptsächlich

Alte
Arme
Arbeitslose
Auszubildende
Ausländerinnen und
Ausländer

wohnen.
Ehrlich gesagt weiss ich gar nicht, was nun aus diesen Säulen werden soll. Am besten werden sie möglichst schnell alt.

Nach den letzten beiden ländlichen Beiträgen wieder zurück auf den städtischen Boden von heute. Durch ihn wühlt sich der Baggerzahn wie nie zuvor in der Geschichte. Tiefe Gräben reisst er auf, manchmal auch Wasserohre und elektrische Leitungen, stösst Erdhügel in Form einer Vor-Voralpenkette zusammen, frisst sich in Mauern und Dächer und reisst sie nieder.
Wie Schiffe auf dem ausgetrockneten Aralsee ragen die drei Wohnblöcke des Quartiers aus der Bauwüste. Überall trifft das Auge auf schmerzende Hässlichkeit. Blumen und Sträucher werden abrasiert. Ihre Wurzeln ragen aus der nackten Erde. Wer das Haus täglich zu Fuss verlassen muss, hat sich mit den unsinnigsten Umleitungen abzufinden, wie Wege über glitschige Bretter, durch Autotunnel und über Treppen. Zum Bus kommt man über einen steilen, notdürftig geteerten Erdwall – oder eben nicht.
Nun sind auch die Bäume auf der Ostseite meines Blocks abgeholzt – es soll in den nächsten Jahren ein „übersichtlicher Platz“ entstehen.
In ganz Bern scheint eine Bauwut ausgebrochen zu sein, denn auch im Innern von Waren- und Bürohäusern, Schulen und Spitälern wird umgebaut – immer bei vollem Betrieb und auf Kosten der Gesundheit von Angestellten und PatienInnen.
Der neue Stadtteil „Westside“ wird sicher einmal eine Seite in einem prächtigen Bildband zur Architektur von Daniel Libeskind einnehmen.
Aber bis dahin hat mich der Baggerzahn längst aufgefressen.

Die Hausverwaltung hat mir in diesem Jahr eine neue Dusche und einen neuen Schlafzimmerboden zugesprochen. Ein Anruf von mir genügt und ein kleines Handbäggerchen kommt, um mit seinen kleinen scharfen Zähnchen den Boden in meiner Wohnung aufzureissen.

Es war tiefe Samstagnacht, als auf dem Bauplatz plötzlich Licht über schlafende Kranenbeine, Barackenwände, gezahnten Baggerschaufel und Bypss-Strasse flutete. Dann begann ein stumpfes rasches Hämmern.
Frau C., spundwanderprobt, stieg aus dem warmen Bett und liess eine mitternächtliche Kochwäsche durch laufen: Lärm zu Lärm.
Frau T., knappe hundert Meter von der bearbeiteten Baugrube entfernt, versuchte gar nicht erst zu schlafen, aber das Beste aus der Situation zu machen: im Gratisflutlicht Hefte korrigieren. Frau S. fuhr auf aus leichtem Schlaf und fragte sich, was sich die MieterInnen denn jetzt wieder Fieses gegen ihren Ehemann, den Hauswart ausgedacht hatten: bumm,bumm,bumm …
Zu sagen ist, dass das Hämmern auch in der folgenden Nacht weiterging.
Heute endlich lag ein Infoblatt im Briefkasten, welches uns für weitere 34 Hammernächte dankt, die wir mit Verständnis und Geduld ertragen sollen.
Man habe auf dem Tiefbauamt nicht mit „starken Lärmemissionen gerechnet, die im ganzen Raum Bern-West hörbar sind“, steht da.
Tortelloninonemau und Tonnerschiess, sind das denn die ersten Spundwände, die sie ungespitzt in den Boden rein däppern?

Sie werde im Herbst 2008 wieder zurückgebaut, die „Bypass„-Strasse, welche ab heute zu meiner provisorischen Bus-Haltestelle führt. Dieser Fussweg ist nach Infoblatt der Verkehrsbetriebe „behindertengängig“.
In zwei Jahren werde die Haltestelle an ihren definitiven Standort am Ansermet-Platz verlegt. Wie lange kann man solche Hässlichkeit im öffentlichen Raum am Rande eines Riesenbauplatzes ertragen? Wahrscheinlich mit dem Trick, der in diesem Quartier beinahe immer funktioniert: Wir fangen sie an zu mögen.

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… du hast wunderbare Zukunftsaussichten, denn ab 2007 wirst du zusammen mit allen anderen an 365 Tagen im Jahr genau das tun können, worauf du gerade Lust hast. Wo? In dem für Europa einzigartigen Zentrum, dem Ort des 21. Jahrhunderts, wo Freizeit, Unterhaltung, Gastronomie und Einkauf verschmelzen.
Libes Kind, du wirst über die lichtdurchflutete Mall schlendern. Das öffentliche Leben wird völlig neu definiert werden. Dieses zeitgenössische Paradies, geschaffen von einer internationalen Persönlichkeit der Architektur wird den ramponierten Ruf unseres Stadtteils, von den Medien oft als „Unort“ beschrieben, aufwerten! Bis dahin müssen aber noch Berge von Erde versetzt werden. Zum Glück gibts aus dem Oberland einen Haufen Schutt, mit dem der Röstigraben vor meinem blogk aufgefüllt werden kann. Wir werden das Tor des Westens sein, „durch das die modernen Verkehrswege entlang jahrhundertealter Pfade in Richtung Westschweiz führen“. Wir gedenken der eingewanderten Burgunder und Alemannen. Damit wir der Romandie im täglichen Leben näher rücken, sind entsprechende Strassennamen geplant. Libeskind, auch 2007 wird es noch keine Gleichberechtigung der Geschlechter geben: Die gewählten Namen bezeichnen zehn verdiente Männer und fünf Frauen! Eine mögliche Postadresse könnte dann so aussehen: Herr Aston George Swampillai-Sturzenegger und Frau Tabea Sturzenegger Swampillai, Gilberte-de-Courgenay-Strasse 453 / 4 B, 3028 CH-Bern. Wir beide haben natürlich jeder Zeit einen umfassenden Rundblick auf die Baumaschinen und ihre frisch angelegten Pisten, die Rohre, durch welche die Erde über die Autobahn transportiert wird, die Betonmischtürme, die nachts beleuchtet sind und das Bauarbeitercamp. Alles sieht proper aus. Sauberer als der Waisenhausplatz oder die Münsterplattform. Nachdem wir, du, Kind und ich viele Jahre lang zugeschaut haben, wie diese Felder gepflügt wurden, wie die Kartoffeln, der Mais, der Weizen und die Sonnenblumen gediehen, wie die Krähen hinter dem Pflug her flatterten und die beiden Bussardpärchen ihre Kreise zogen, befinden wir uns auch hier in einer Zeit des Umbruchs.

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