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Traurig

Sie war eine Erzieherin mit Engelsgeduld – begnadet eben. Bei ihr gab es keine hoffnungslosen Fälle. Selbst die Wildesten und Ungehorsamsten hörten auf sie. Mühsame Eltern und taube Behörden brachten sie nicht aus der Ruhe. Jahrelang sorgte sie auf kleinstem Raum dafür, dass die Quartierkinder nach der Schule betreut wurden, spielen, essen und Hausaufgaben machen konnten.
Vor zehn Jahren richtete sie im ehemaligen Keramikatelier eine Tagesschule ein, denn die Nachfrage nach Betreunungsplätzen stieg von Jahr zu Jahr.
Dass „ihre“ Schützlinge einen Beruf erlernten, dafür engagierte sie sich unermüdlich, gab Nachhilfestunden und half bei der Lehrstellensuche.
Ganz wichtig war ihr die Ausbildung von jungen Erzieherinnen und Erziehern. Ihren Praktikantinnen und Praktikanten war sie Beraterin und Vorbild. Sie hat mitgeholfen, aus der Betreunngsarbeit in einer Tagesschule einen anspruchsvollen Beruf zu machen. Dank ihr hatten zahlreiche Kinder einen leichteren Start hier in der Schweiz und eine schönere Kindheit.
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Nun haben die letzten Mitglieder der Blogk-Familie das Quartier am westlichen Rand der Stadt verlassen.
Vierzig Jahre waren die drei Blöcke mit viel Béton brut nach Le Corbusier unser Zuhause. Meine Töchter und ich liebten die grosse, helle Wohnung auf dem Dach, verbrachten unzählige Sommertage auf dem Balkon, beobachteten Sonnenuntergänge, Feuerwerke, Regenbogen und Gewitter, stellten uns vor, wir stünden auf dem Deck eines Schiffes, wenn uns der Wind um die Ohren blies. Wir gärtnerten, zeichneten Blöcke, liessen Ostereier und Weihnachtguezli abkühlen.
Unser Haus war offen für Gäste aus nah und fern, besonders auch für die Kinder aus dem Quartier, für Pflegekinder (auch von nah und fern). Wir integrierten und wurden integriert, gaben Nachhilfestunden, lernten nette Nachbarinnen und Nachbarn und oft auch ihre Lebensgeschichten und das Essen aus anderen Ländern kennen. Wir lasen uns durch die Quartierbibliothek, töpferten im Keramikatelier, zogen in der Weihnachtszeit Kerzen und bastelten Laternen. Zusammen mit anderen Müttern und deren Kindern wanderten wir bei jedem Wetter dem nahen Bach entlang durch den Wald, liessen Schiffchen treiben, machten Feuer und verputzten Würste mit Kartoffel- und Bohnensalat.
Eine „gute Adresse“ war es nie, zu viele Ausländer, zu viele gewöhnliche Arbeiter. Regelmässig wurde das Quartier in den Medien schlecht gemacht, und immer wieder bekamen wir zu hören: „Ich könnte nie hier leben.“ Auch von „Küngeliställen“ und „Schlaf-Stadt“ war die Rede. Wollten Lehrer und Lehrerinnen jeder Stufe eine besonders nicht erstrebenswerte Wohnform zeigen, machten sie mit ihren Klassen einen Ausflug zu uns. Einige Jahre lang versuchten wir Beobachteten, diese Gäste eines andern zu belehren, erfolglos. (Der einzige aus meiner Bekanntschaft, der es wagte, in diese verrufene Ecke von Berns Westen zu ziehen, war mein Schwiegersohn 2nd, male, der seine Kindheit in einem EFH in der Agglomeration verbracht hatte.)

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Vor einem Jahr berichteten wir hier über die Schliessung des Keramikateliers. Interessierten Bogk-LeserInnen, die nachgefragt haben, berichte ich gerne über den neuesten Stand in dieser Sache.
Die triste Situation hat sich zum Guten gewendet! Dank der Superidee eines Bewohners und dem Engagement einiger „Verbündeter“ konnte in den verwaisten Räumen eine neue Tagesschule eingerichtet weden, nachdem die alte schon seit Jahren zu klein geworden war. Das Quartier erbrachte eine grosse finanzielle Eigenleistung. Hier gibt es nämlich den „Mieterfranken“: Aus den monatlichen Mietzinsen fliessen je 2 Franken als Solidaritätsbeitrag in die Gemeinschaftskasse. Über fünfzig Kinder kommen zum Lernen und Spielen ins Tagi. Die ehemalige Leiterin des Ateliers hat eine Arbeit als Werklehrerin gefunden.
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Leeres Gitter
Clevere Montage fragilen Getiers
Der letzte Schliff

Dieses Wandbild besteht aus Fischen und Vögeln, welche von einer Schulklasse getöpfert wurden. Hier im quartiereigenen Keramikatelier, aus besonders wetterfestem Ton und nach dem Grundsatz: aus dem Quartier, für das Quartier. Ein wunderbares Beispiel! Richtig zum Herumzeigen.

Aber leider ist das Atelier trotz aller Anstrengung nicht selbsttragend. Es bräuchte weiterhin Subventionen. Letzte Woche wurde der Betrieb definitiv eingestellt, nach vierzig Jahren. Die Keramikerin, die das Atelier gepflegt und geleitet und auch das Fisch-Vogel-Bild erdacht und verwirklicht hat, wurde entlassen, nach siebenundzwanzig Jahren.

Sehr verehrte Damen und Herren, das war ein weiterer Beitrag in der Reihe: Nachhaltigkeit. Soziale Sicherheit. Zukunft. Belohntes Engagement.