Neuer Ausblick

Neuer Ausblick

Nach sechzehn Jahren verlasse ich das Büro im engen Altstadthaus mit der Wendeltreppe. Nicht nur die einzigartige Beleuchtung, der Blick auf die Gasse, die Touristenströme aus aller Welt, die Marktstände, die Strassenmusik und die Fasnachtsumzüge werde ich vermissen. Es wird unter meinem neuen Bürofenster auch keine Beizentische mehr geben mit Gästen, die, ohne es zu wissen, mir die persönlichsten Sachen erzählen. Als Mithörerin habe mich immer diskret verhalten, mich nie aus dem Fenster gelehnt um von oben in die Gespräche einzugreifen, obwohl ich zu diesem oder jenem schon etwas hätte sagen können.
In der langen Zeit in diesem Haus bin ich ein Teil davon geworden, versuchte immer, etwas zu verbessern oder noch hoffnungsloser: etwas zu verschönern. (Die Türangel quitscht seit Tagen erbärmlich nach Öl).
Nun ziehe ich mit Tastatur, Telefon und Maus über die Strasse ins neue Büro im Haupthaus, von mir „Mutterhaus“ genannt. Seit 1794 ist „meine“ Institution dort untergebracht. Aus dem Bogenfenster im dritten Stock sehe ich nun auf ein Dach mit Türmchen und in den Himmel.

Auch Familie Hausmeister zieht an diesem Wochenende um: vom 14. in den 12. Stock in eine grössere Wohnung. Gerade hat die Familie 40 weisse Frotée-Waschlappen mit dem Signet „Westside“ geschenkt erhalten. Zum Glück gibts ab Sonntag mehr Platz im Schrank, und ein Weisser Elefant dieser Art kann ja gut geteilt werden;-)