Weisse Pferde, schwarzes Hornvieh und auch die Schienen der Lokalbahn versinken im saftig grünen Gras.
Wenn die Möven über blaues Wasser segeln, schimmern ihre Federn türkis. Sträucher, die im Sommer vertrocknet scheinen, tragen weisse Blütenkugeln, über welchen junge Blättchen wie feuerrote Flammen züngeln.
Überall wird um- und angebaut. Im „Intermarché“ ist die Kundentoilette eine Baustelle. „Ihr müsst auf dem Parkplatz Pipi machen“, wird der Mutter mit Kind am Infoschalter geraten. Also los, an die Akazien!
Die Mücken auf dem Delta haben die Alten entdeckt. Hinterhältig stechen sie mich mitten auf die Stirn. Sofort wächst mir dort eine rote Beule, welche mindestens drei Tage über meine Augenlider zurück auf die Stirn „wandern“ wird – merci beaucoup;-(
Dabei wäre es doch ein Leichtes, mich mit Antibrumm einzusprayen, ein rustikales Lederarmband getränkt mit Geraniensaft und Zitrone umzubinden oder mich sogar mit einem klebrigen Stift einzuschmieren, der sich „Cinque à Cinque“ nennt, wenn alle diese Produkte nur nicht so bestialisch stinken würden.
Der Campingplatz (4 Sterne) wird mit einer neuen App verwaltet. Kleine Reparaturen wie lockere Türangeln und knarzende Lunettes de toilette müssen die Mitarbeiter nun per App ihrem Boss melden, welcher dann über das Mobiltelefon sein Ok gibt. Was früher mit Notizblock und hinter die Ohren schreiben subito funktionierte, dauert nun Tage. Es kann gut sein, dass die langjährigen MitarbeiterInnen der App Widerstand bieten.
Gestern haben wir ein paar Eier gefärbt, was gar nicht einfach war. Die Kräuter „de sable“ sind dick und pelzig, sogar die Löwenzahnblätter sind mit einem Flaum bedeckt.

Aus dem Lautsprecher der Arena dröhnt Marschmusik – Hauptprobe für die österliche Course camarguaise mit einigen berühmten Stieren und ihren Mitspielern. Der Priester wird sie segnen samt Pferden und Publikum. In den Gassen des „Städtchens“ drängen sich die Menschen. Vor der Kirche haben die Handleserinnen eine Menge zu tun und sei es nur, sich mit einem „Non, merci, Madame“ abwimmeln zu lassen.
In den weissen Häusern rund um den Kirchenplatz wohnt kaum noch jemand. Alle Alten sind gestorben oder weggezogen. Die Untergeschosse sind zu Boutiquen oder Restaurants umfunktioniert worden. Im Haus der vornehmen alten Dame, die zu den Feiertagen zusammen mit Töchern und Enkelinnen in der Tracht der Arlesiennen erschien, werden nun abwaschbare Tischdecken mit Olivenmuster verkauft.
In der einzig gebliebenen Bäckerei kaufe ich 2 Stangenbrote. Sie sind noch warm und heissen nicht Baguette sondern Pain artisan. Fürs Osternest der Enkelkinder nehme ich auch noch drei kleine Schoggienten.
Auf dem Weg zurück zum Campingplatz kaufe ich 1kg Erdbeeren, garantiert „de sable“.
Zum Osterfrühstück soll es selbstgemachte Erdbeerkonfi geben.

Inzwischen sind auch meine Arme verstochen – hoffentlich nur von ganz gemeinen Schnaken und nicht von einer Aedes albopictus.